Wer Oliver Uschmanns Auftritte kennt (live bei Veranstaltungen, auf Social Media, in Seminaren), weiß um seine Eloquenz. Eine bekannte Radiomoderatorin hat ihn mal als "Gott der Sprache" bezeichnet. Und wenn dieser sprachgewaltige Mann einen Roman aus Lust am Fabulieren erschafft und noch dazu Kafka-Kenner ist, dann ist klar, dass etwas Großes dabei herauskommt.
Der Ich-Erzähler Joris, verschuldet, Single, war seinerzeit Bestsellerautor eines Unterhaltungsroman. Statt weiterzuschreiben, arbeitet er im Baumarkt, enttäuscht seine Prestige orientierte Mutter und fantasiert von den nackten Füßen seiner Nachbarin auf dem Campingplatz, auf dem erlebt. An einem weiteren Tag seines frustrierendes Lebens muss der große Kafka-Fan feststellen, dass von hier auf jetzt verrückterweise niemand mehr den brillanten Kafka kennt. Nach anfänglicher Verwirrung ergreift Joris seine
Chance, schreibt "Der Process" aus seiner Erinnerung und sieht sich als neuer Stern am Literaturhimmel. Was folgt ist ein Einblick in die Literaturwelt, in der Bestseller nicht unbedingt etwas mit guter Literatur zu tun haben und wie frustrierend es für Autor*innen sein kann, Fuß fassen zu wollen. Hierbei im Inhalt zu bemerken: unverkennbar Uschmanns Knowhow über den Literaturbetrieb, sowohl als Autor als auch als Ghostwriter und Agent. Was folgt (ohne zu spoilern) ist bizarr, mitreißend und gespickt mit Anspielungen auf Kafkas Werken und mit Ausflügen in andere Werke des Autors. Ein Was-wäre-wenn-Paralleluniversum entsteht und in den Verstrickungen von Traum und Wirklichkeit weiß Joris endlich, was er im Leben will.
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