Weder die Charaktere noch der Weltenbau können überzeugen. Die unglaubwürdige Liebesgeschichte ist da nur die Spitze des Eisbergs.
Louise le Blanc, genannt Lou, ist störrisch, vulgär, wild, selbstbewusst, mitfühlend und sie liebt es, Witze zu reißen und zu fluchen. Sie ist eine Hexe und gehört den "Dame Blanche" an. Trotz dieser Tatsache versteckt sie sich vor ihrem Hexenzirkel aus Gründen, die ich nicht spoilern möchte. Lou lügt aufgrund ihres komplizierten Lebens auch regelmäßig und scheut nicht davor zurück, zu betrügen und zu stehlen. Weiterhin verachtet sie alle Hexenjäger (Chasseure).Reid Florin Diggory ist freundlich, hilfsbereit, pflichtbewusst, loyal, stoisch und jähzornig. Außerdem ist er äußerst tugendhaft und kann es nicht leiden, wenn Leute fluchen oder gegen Regeln verstoßen. Er befolgt die Anweisungen des Erzbischofes, ohne sie zu hinterfragen, und ist zutiefst gläubig. Reid hasst zudem Hexen und tut alles, um sie auszulöschen.Die Handlung war in meinen Augen verbesserungswürdig. Bereits der Grund für die Heirat zwischen Reid und Lou war an den Haaren herbeigezogen. So sollte nämlich verhindert werden, dass er als Frauenschläger und Schlimmer dasteht (er hat sie öffentlich angegriffen, da er sie als Diebin erkannt hat), da dies in einer Ehe erlaubt sei, und sie sollte ihrer Strafe für den Diebstahl entkommen. Ich meine, was ist das bitte für eine Begründung? Als ob es keinen anderen Weg gäbe, Reids Ansehen zu schützen, und als ob eine Gesellschaft, die es akzeptiert, wenn Frauen von ihrem Ehemann geschlagen werden und wo diese als Sünderinnen gelten, wirklich entsetzt wäre, wenn ein Hexenjäger eine Frau angreift. Warum haben sie nicht einfach gesagt, dass Lou sich der Festnahme widersetzt hat? Sie sagen ja sowieso, dass sie eine Diebin ist. Wieso dann nicht gleich die Schuld auf sie schieben? Ist es wahrlich so unmöglich in dieser Welt, dass jemand vor einem Hexenjäger flieht und diesen angreift? Außerdem wäre Lou nicht mal in dieser Situation, wenn sie ihr Gehirn eingesetzt hätte und ihren magischen Ring, der sie unsichtbar macht, benutzt hätte.Diese unlogische und extrem gewollte Verbindung zwischen Lou und Reid wird auf den ersten 100 Seiten geschlossen und danach wird es auch nicht viel besser. Statt sich auf den Fantasy-Aspekt zu konzentrieren, kann man danach endlos lange und vulgäre Streitereien zwischen Lou und Reid lesen und natürlich kommen die beiden sich näher. Obwohl Lou zwar aufgrund ihrer Vergangenheit eine etwas gespaltene Meinung über Hexen wie sie hat, verurteilt sie trotzdem deren Verfolgung. Als jedoch ihr geliebter Gatte eine Hexe vor ihren Augen verbrennt und dafür nie irgendwelche Schuldgefühle hat, da vergibt sie ihm. Schließlich wollte er sie nur beschützen ...Wieso wird so ein Ereignis nicht genutzt, damit Reid als Charakter wächst und seine Ideologie hinterfragt? Stattdessen passiert dieser Umschwung erst am Ende und das ohne einen ernsthaften Versuch, daraufhin zu arbeiten.Weiterhin ist es so offensichtlich, dass Lou eine Hexe ist, und Reid, der Hexenjäger, merkt es einfach nicht.Hierbei muss auch erwähnt werden, dass Reids Ansichten in Bezug auf Frauen extrem rückständig sind und das zusammen mit seinem Verhalten ihn für mich als "Love Interest" leider disqualifiziert hat, obwohl ich verstehe,wieso er so ist.Genauso fragwürdig wie Reids Verhalten ist auch Lous. Sie wird uns als Feministin präsentiert und lässt sich dann im gesamten Buch herablassend über Reids Exfreundin aus. So nennt sie sie eine Kuh und beschwert sich darüber, dass Reids Ex nicht mit ihm geschlafen hat. Schließlich sei die erste Liebe dafür da (Seite 301). Was ist das bitte für eine Weltansicht? Auch passt Lou sich null an und versucht, zu verheimlichen, dass sie eine Hexe ist. Sie stolpert vielmehr von einer absurden Szene in die nächste, nutzt Magie und entkommt der Entdeckung jedes Mal nur haarscharf. Zudem schaut Lou, wie oben bereits erwähnt, großzügig darüber hinweg, dass ihr Ehemann Hexen tötet und verachtet. Er ist immerhin heiß und sie kann ihn ändern. Sie verliebt sich dabei so schnell in ihn, dass sie keine Zeit hat, diese Kleinigkeit vorher zu besprechen, bzw. erklärt sie ihm auch nicht, dass sie eine Hexe ist und ist dann komplett schockiert, wenn er diese Tatsache abstoßend findet. Dabei ist von Beginn an klar, dass Reid ein gläubiger Fanatiker ist. An dieser Stelle muss ich auch erwähnen, dass ich vor dem Lesen dachte, dass er von Anfang an wissen wird, dass sie eine Hexe ist, und sich trotzdem in sie verliebt. Das hätte ich persönlich auch besser gefunden als diese "insta love" hier, die sich urplötzlich von Hass zu "du bist die Liebe meines Lebens" entwickelt. Zu guter Letzt muss ich noch erwähnen, dass ich nie wieder etwas über ein Lied hören will, das mit "Fräulein Monstertitty" beginnt, und dass ich jegliche Anspielung auf eine Anziehung zwischen Ansel, der 16 Jahre alt ist, und Lous Freundin, die 18 ist, unpassend finde.Der Weltenaufbau war äußerst schwammig. So sind wir irgendwie in einem früheren, vielleicht mittelalterlichen Frankreich und auch irgendwie nicht. Dies ist schließlich eine fiktive Welt, in der rein zufällig ein Haufen französischer Wörter verwendet wird. Wieso passiert das, wenn wir uns doch nicht in Frankreich befinden? Zudem existiert hier auch die katholische Kirche, wobei das Wort "Katholizismus" glaube ich nie erwähnt wird. Weiterhin ist das ganze Magiesystem sehr nebulös. Einerseits muss man für Magie etwas opfern. Andererseits können die bösen Hexen schreckliche Flüche ohne Unterlass wirken und scheinen nicht wirklich in ihrer Kraft durch Opfer limitiert zu sein. Die öfters erwähnte Balance muss anscheinend nur von unserer Protagonistin und deren Unterstützern beachtet werden.Der Schreibstil war flüssig.Das Cover, der Farbschnitt und die gesamte Gestaltung bei der Variante der Bücherbüchse gefallen mir sehr gut.