Worum gehts?
Gunndís heuert kurzfristig als Köchin auf einem Fischtrawler an. Dort stößt sie auf ein Kochbuch, das eigentlich vor Jahrzehnten zusammen mit ihrem Vater auf den Meeresgrund gesunken sein sollte. Seit damals gilt er als Schuldiger für den Untergang des Schiffs. Doch war er es wirklich?
Meine Meinung:
Mit Blut setzt Yrsa Sigurdardóttir ihre Reihe um Tyr, Karó und Idunn fort. Offiziell ein Einzelband, fühlt er sich für mich wie ein direkter Bestandteil der Serie an und reiht sich nahtlos ein. Wieder einmal überzeugt die Autorin mit einem Schreibstil, der von Anfang an eine düstere, packende Atmosphäre entfaltet und den Leser bis zur letzten Seite nicht loslässt.
Im Zentrum stehen diesmal vor allem Tyr und Karó. Idunn dagegen bleibt eher am Rand, wirkt distanziert und kurz angebunden. Genau das sorgt bei mir für Irritation, weil die Figuren in der Reihe nicht konstant gleich präsent sind. Gerade Idunn hätte es verdient, genauso viel Raum zu bekommen wie die anderen beiden. Serienleser können sich die Gründe für ihre Verschlossenheit zwar erschließen, doch Neueinsteiger bleiben an dieser Stelle auf Distanz.
Der Fall selbst oder besser gesagt die miteinander verflochtenen Fälle ist wieder einmal ein Paradebeispiel für Sigurdardóttirs erzählerisches Können. Kaum jemand versteht es so wie sie, verschiedene Handlungsstränge nebeneinanderlaufen zu lassen, Verwirrung zu stiften und am Ende alles schlüssig zusammenzuführen. Genau das macht die Faszination aus: Man irrt durch Sackgassen, wird immer tiefer in die Abgründe der Figuren hineingezogen und merkt erst am Schluss, wie perfekt sich die Puzzleteile ineinanderfügen.
Besonders stark fand ich die beiden Ebenen, die hier nebeneinanderlaufen: Zum einen auf dem Trawler, wo Gunndís mit ihrer Vergangenheit und dem Schatten ihres Vaters konfrontiert wird. Zum anderen die Handlung in der Siedlung, wo ein scheinbar kleiner Nachbarschaftsstreit außer Kontrolle gerät und zum Albtraum eskaliert. Beide Stränge sind beklemmend, beide voller Abgründe und doch wirken sie nie wie zwei getrennte Geschichten, sondern wachsen langsam, unheilvoll aufeinander zu. Und dann sind da noch die Cliffhanger das heimliche Markenzeichen der Reihe. In jedem Band bekommen wir kleine Bruchstücke zur Ermordung von Tyrs Mutter, diesmal allerdings keinen Splitter, sondern einen Brocken so schwer wie ein Fels. Dazu kommen zwei weitere Cliffhanger, die wie dunkle Schatten über dem Geschehen liegen und Fragen aufwerfen, von denen ich nicht sicher bin, ob wir jemals Antworten erhalten. Doch genau dieses Spiel mit Andeutungen und offenen Fäden hält die Spannung am Kochen und macht süchtig nach dem nächsten Band.
Fazit:
Blut von Yrsa Sigurdardóttir ist düster, clever konstruiert und durchgehend spannungsgeladen. Die Autorin verwebt Fälle, Abgründe und Geheimnisse zu einem packenden Thriller, der einen nicht mehr loslässt. Besonders die neuen Puzzleteile rund um Tyr und Idunn sind elektrisierend und die Cliffhanger am Ende treiben den Puls hoch und die Vorfreude auf den nächsten Band ins Unermessliche.
5 Sterne von mir!