Das hat sich mittlerweile auch in den Medien herumgesprochen. Denn sowie jemand vor Gericht kommt, den sie nicht leiden können, steht für sie der Schuldspruch bereits fest. Nun also aus der Feder eines Amtsrichters genau das zu lesen, was man allein durch Beobachten bereits ahnen konnte, wirft ein nicht besonders gutes Licht auf das deutsche Rechtssystem.Richter Burow begründet seine Regel sehr überzeugend. Erstens steht im deutschen Strafrecht nirgendwo etwas von einer Unschuldsvermutung. Und zweitens hat er großes Vertrauen in deutsche Staatsanwälte. Zwar bezeichnet er sie als Juristen mit einer Inselbegabung in Strafrecht, glaubt aber aus Erfahrung zu wissen, dass ihre Anklagen in den meisten Fällen fundiert sind. Nur sehr selten kommt es in deutschen Gerichten zu Freisprüchen. Natürlich könnte sich diese zur Begründung angeführte Tatsache auch als Zirkelschluss erweisen.Kürzlich ist im selben Verlag ein Buch zweier bekannter Strafverteidiger erschienen, die wiederum behaupten, dass die Hälfte aller Urteile in solchen Prozessen falsch sind. Und es kann jeden treffen. Ich erwähne dies hier nur, weil ich in der zweiten Hälfte von Burows Buch mit großem Erstaunen zur Kenntnis nehmen musste, dass er die Aussagen der beiden Strafverteidiger in jeder Beziehung bestätigte, obwohl er anfangs nicht gerade in Sympathie für einen von ihnen schwelgte. Überhaupt hält Burow Strafverteidiger für nicht besonders gut erzogen oder fähig. Fast könnte man meinen, sie seien gar überflüssig. Auch wenn es für den normalen Zeitgenossen gelegentlich schwer zu verstehen ist: Nur durch solche, vielleicht nicht immer sympathischen Anwälte, ist ein ausgewogenes Verfahren möglich. Die Staatsanwaltschaft wird erst durch sie gezwungen, wirkliche Beweise zu erbringen.Denn neben Regel 11 gilt für Burow auch Regel 12: Die meisten Angeklagten sind tatsächlich schuldig. Und Regel 13: Richter sind praktisch immer befangen. Das lässt nichts Gutes ahnen, sollte man tatsächlich unschuldig auf der Anklagebank landen. In diesem Land steht die Wahrheit immer wie ein Elefant im Raum, aber kaum jemand traut sich noch, sie auszusprechen. Richter Burow hat es getan. Wenn man also wissen will, was tatsächlich in deutschen Strafprozessen oder in der Justiz geschieht, dann sollte man sich dieses Buch kaufen. Selten habe ich so viel Aussagen gelesen, die ich zwar irgendwie geahnt hatte, aber natürlich nicht aussprechen kann, denn ich bin nun mal kein Insider.Anfangs hatte ich meine Schwierigkeiten mit diesem Text. Mir erschienen gewisse Ausführungen unterschwellig arrogant. Aber vielleicht wird man in einem solchen Amt so. Schließlich hat man es nicht gerade mit dem Durchschnitt der Bevölkerung zu tun. Dazu passt auch Regel 16: Der Richter entscheidet wie ein kleiner Gott alleine, was die Wahrheit ist. Diese Regel mag seltsam klingen, wie so manche andere aus Burows Feder auch. Aber letztlich spricht er nur Wahrheiten aus. Und das macht dieses Buch so interessant und einzigartig.Burows Buch ist ein sehr gelungener Versuch, das Amt und die Arbeitsweise eines deutschen Amtsrichters wahrheitsgemäß zu beschreiben. Zwar gilt Regel 7: "Jeder Mensch ist ein potenzieller Straftäter", aber ich werde es mir nun noch mehr verkneifen, auch nur in die Nähe davon zu kommen. Zu erwähnen, dass es auch im deutschen Rechtssystem zu krassen Fehlurteilen kam, macht es nicht vertrauenswürdiger, denn man hört schließlich nur von solchen, die auch ein gewisses mediales Gewicht besitzen.