Das Leben verläuft langsamer da draußen in den rheinhessischen Dörfern am Rande des pulsierenden Rhein-Main-Gebietes. Und selbst wenn es darunter brodelt, bleibt an der Oberfläche lange, lange alles so, wie es bisher immer war. Und das zwanzigste Schlachtfest in Essenheim, mit Bäckchen, Nierchen, Schnuudschen und Haxen, geht im gewohnten Chaos ab, ja, wenn da nicht der Tote etwas abseits im Kühlwagen mit den Bratwurst-Reserven läge.
Bis dahin aber dauert es seine Zeit im sechsten Rheinhessen-Krimi des promovierten Historikers und Winzers Andreas Wagner, der seinen Heimatort Essenheim natürlich von der Pike auf kennt. Auf den ersten hundert Seiten seines neuesten Werkes konfrontiert der Autor seine Leserschaft mittels einer Reihe schräger Typen mit existenziellen Problemen wie Landknappheit und Pachtkrieg, da nur derjenige Betrieb sich halten kann, der wächst. Die dörflichen Betriebe, die der Nachbargemeinden, der nahen Stadt, die Alternativen und ewig Gestrigen, die Biogas-Anlagenbetreiber und Mais-Monopolisten im Überlebenskampf: ein Nährboden, auf dem Gewalt durchaus Mittel zum Zweck werden kann. Währenddessen kämpft Wagners Protagonist, wie immer der Nieder-Olmer Bezirkspolizist Paul Kendzierski, nicht nur mit dem Nestbautrieb seiner Freundin, sondern gegen seinen Hang zu Übelkeit, Furchtsamkeit und unglücklichem Agieren am Tatort.
In präzise aufgebauten Spannungsbögen, verquickt mit einer zweiten Handlungsebene, führt der 38-Jährige zügig der ungewöhnlichen Auflösung entgegen, nicht ohne dem Titel "Schlachtfest" sowohl in der Schilderung des Dorffestes als auch der einen oder anderen etwas blutigen Szene mit viel Lokalkolorit gerecht zu werden. Andreas Wagner führt statt des bisherigen etwas abrupten Endes seiner Krimis den Epilog ein - wo sich Kendzierski woanders wiederfindet, als er dachte - und sich durchaus neben seinem Mainzer Kripo-Kollegen Gerd Wolf behaupten konnte.
Rose-Marie Forsthofer, AZ Mainz, 17.11.2012