Sehr umfassende und bewegende Recherche verschiedener jüdischer Familien aus Wien im dritten Reich bis in die Heutezeit
Julians Borger schreibt in seinem Buch Suche liebevolle Menschen eine sehr persönliche Geschichte. In Recherche zur Geschichte seines Vater stößt er auf einige Anzeigen in denen jüdische Familien ihre Kinder beworben haben um sie aus der Gefahrenzone des Naziregimes zu bringen. Nach und nach kann er einige Schicksale nachvollziehen und durch Niederschriften, Recherchen und Gesprächen mit Nachkommen einiger dieser Kinder deren Lebensweg und die Geschichten ihrer Familien aufdecken. So kommt er auch seiner eigen Familiengeschichte immer näher, zu der er durch den frühen Selbstmord seines Vaters nie Einzelheiten aus erster Hand erfahren konnte.Hierbei erhalten wir auch sehr viel Hintergrundwissen aus politischer Sicht, beginnend bei der Stärkung der wiener Juden durch den Kaiser Franz Josefs vor dem Krieg und wie es zum "Anschluss" gekommen ist. Borgers Recherche führt über verschiedene Flüchtlingsgeschichten nach England, Amerika, Shanghai und die Niederlande auch in diverse Lager bis in die heutige Zeit und wie die Nachkommen dieser Kinder ihre Eltern erlebt haben. Dabei ist die Erzählung sehr weitgefächert. Führt sie uns auch in die Vicky Wiederstände in Frankreich oder ins Kriegsgeschehen des US Nachrichtendienst des letzten Kriegsjahres.Die Masse an Informationen haben mich häufig sehr gefordert und erschlagen einen regelrecht. Doch viele Aussagen und Erklärungen waren für mich neu, haben mich ins Denken gebracht. Gerade wenn man die Geschichten mit der heutigen Flüchtlingssituation vergleicht finden sich doch einige Punkte die ins Grübeln bringen.Auch habe ich mich durch die Lektüre vermehrt mit der Weltgeschichte der letzten sagen wir 150 Jahre beschäftigt, da mir vieles so im Zusammenhang nicht so bewusst war.Der Schreibstil war nicht immer meins, denn wir switchen sehr häufig in den verschiedenen Familiengeschichten, so dass man schnell den Überblick verliert wo und bei wem man sich gerade befindet.Doch in der Fülle der Informationen und den Erkenntnissen die mir das Buch beschert hat, kann ich das Buch nur empfehlen, denn es ist wichtig niemals zu vergessen und noch wichtiger niemals in die Situation kommen zu müssen sich entscheiden zu müssen, das eigene Kind allein in die Fremde zu schicken.