Sadie, eine junge Frau, die gegen den Willen ihres Vaters ein Kunststudium absolviert hat, um in die Fußstapfen ihrer Mutter zu treten, bestreitet ihren Lebensunterhalt mit dem Malen von Portraits. Nun bietet sich ihr eine einmalige Gelegenheit - sie ist eine von 10 FinalistInnen eines Portraitwettbewerbs. Ironie des Schicksals - ihre Mutter nahm ebenfalls vor einigen Jahren an diesem Wettbewerb teil, verstarb aber kurz vor der finalen Ausstellung. Und weil das an Gemeinsamkeiten noch nicht genügt, hat Sadie ein paar Wochen vor der Ausstellung einen Unfall aufgrund einer kleinen Fehlbildung im Gehirn. Sie wird ins Krankenhaus eingeliefert, wo diese in einer Gehirnoperation beseitigt wird, da ihr Vater, ein bekannter Herz-Thorax-Chirurg, darauf besteht, dass die Fehlbildung so schnell wie möglich durchgeführt wird. Sadie willigt widerwillig ein, da ihre Mutter den Tod fand, weil sie die OP zu lange aufgeschoben hat.
Leider ergeben sich nach der Operation Komplikationen, Sadie kann keine Gesichter mehr erkennen, sie ist gesichtsblind. Da sie ihr Bild für den Wettbewerb noch malen muss, bricht für sie erst einmal eine Welt zusammen.
Eins ist klar - auf ihre Familie kann sie nicht zählen. Ihr Vater glänzt wie immer durch Abwesenheit, sein Beruf geht vor, ihre Stiefmutter Lucinda ist auf ihr Leben als Arztfrau fixiert, taucht nur gelegentlich auf, um ungebetene Hilfe aufzuzwingen, und für ihre Stiefschwester Parker war Sadie schon immer das perfekte Mobbing-Opfer.
Zum Glück gibt es auch noch Lichtblicke in Sadies Leben - ihr kleiner Hund Peanut, den ihr ihre Mutter kurz vor ihrem Tod geschenkt hat, ihre Freundin Sue und deren Eltern, die sie kostenlos in einer Art Gartenhütte auf dem Dach ihres Hauses wohnen lassen, obwohl diese eigentlich gar nicht dauerhaft bewohnbar ist. Und zuletzt noch die Psychologin, Dr. Nicole, die ihr für die Bewältigung ihrer postoperativen Probleme von der Klinik als Therapeutin an die Seite gestellt wird. Dazu kommen dann noch ein Nachbar, Joe, der an einer Art Helfersyndrom leidet und der Tierarzt, Dr. Oliver Addison, der in der Tierklinik arbeitet, in der Peanut behandelt wird. Beide kommen ihr mit der Zeit näher und sie hat Probleme, sich zwischen ihnen zu entscheiden.
Bei der Lektüre des Buches begleitet man Sadie auf ihrem Weg zurück ins Leben, wie sie versucht, trotz ihrer Gesichtsblindheit (die sie zu einem leichten Opfer für Parker macht, weil sie sich nicht gegen ihre Gemeinheiten schützen kann) mit einem Portrait am Wettbewerb teilzunehmen. Dazu muss sie etliche neue Techniken ausprobieren. Ihre Familie und Sue kennen ihr Problem, vor allen anderen Menschen versteckt sie die Gesichtsblindheit. Dies führt zu einigen interessanten Verwicklungen.
Das Buch ist sehr flüssig und humorvoll geschrieben, auch die schwierigen Themen werden sehr gut eingebunden. Es hat mich gefesselt, so dass ich es in Rekordzeit gelesen habe. Auch wenn es stellenweise innere Monologe gab, die etwas langatmig sind, weil Sadie sich dabei oft wiederholt, Parkers Attacken mir mit der Zeit etwas auf die Nerven gingen, und einige Dinge mir leicht unplausibel erschienen, habe ich das Interesse nicht verloren.
Die Charaktere sind wunderbar angelegt, mit wenigen Ausnahmen (hauptsächlich Mitglieder von Sadies Familie) waren mir alle sehr sympathisch und ich habe mit Sadie die ganze Zeit mitgelitten oder mich mit ihr gefreut, je nach Situation.
Ich habe das Buch von vorne bis hinten genossen und kann es mit gutem Gewissen weiterempfehlen, besonders weil darin so gut auf das Thema der Gesichtsblindheit eingegangen wird, was im Prinzip der Hauptgrund ist, warum mich dieses Buch direkt angesprochen hat.