Mariensicht im Westerwald. Ein alter Fall, der doch nicht abgeschlossen ist. Zwei Frauen, die sich nicht zerbrechen lassen.
Katharina und Philip ziehen nach schweren Schicksalsschlägen von der Großstadt Berlin ins beschauliche Mariensicht im Westerwald. Doch das heruntergekommene Forsthaus, was ihr neues Zuhause werden soll, hat nicht nur großen Renovierungsbedarf, sondern ist auch Schauplatz eines abscheulichen Mordes. Flora sitzt seit dem Mord an ihrem Ehemann Rudi im Gefängnis und hat seit dem Tag ihrer Verhaftung kein Wort mehr gesprochen. Ihre Schuld erschien damals eindeutig. Doch Katharinas Journalismusneugierde ist geweckt, als sie entdeckt, dass der Mord an Rudi möglicherweise eine Verbindung zu der alten Mordserie des Engelmacher hat. Ist Flora wirklich so schuldig, wie sie erscheint oder gibt es doch noch einen anderen Täter?
Die ganze Geschichte wird über zwei Zeitebenen erzählt. Im Gegenwartsstrang folgen wir Katharina, welche als Fremde auf eine eingeschworene Dorfgemeinschaft trifft und nicht immer mit offenen Armen empfangen wird, erst recht als sie mit mehr Nachdruck ihre Nachforschungen verfolgt. In der Vergangenheit folgen wir Flora, welche in Mariensicht aufgewachsen ist und uns mit ihren Erzählungen ins Dorfgeschehen der 1950er und 1960er Jahre mitnimmt. Authentisch wirkend wird der Leser konfrontiert mit Floras tragischer Geschichte einer tyrannischen Ehe und den Verlusten geliebter Menschen, eingebettet in den Strukturen der vergangenen Jahrzehnte.
Die Autorin hat es geschafft, die beiden Zeitebenen geschickt miteinander zu verknüpfen, dass sie in den jeweiligen Geschehen aufeinander eingehen, ohne sich gegenseitig vorweg zu greifen. Es gab einen konstanten Spannungsbogen und als Leser konnte man wunderbar mit rätseln. Ich habe bis zum Schluss nicht mit dem Ende gerechnet und war von der Wendung wirklich überrascht.
Der Schreibstil war für mich wirklich sehr flüssig zu lesen und er konnte die düstere Atmosphäre sehr gut transportieren. Des Weiteren hat er unterstützt, das man zu beiden Protagonistinnen einen leichten emotionalen Zugang gefunden hat.
Flora und Katharina wachsen zu total verschiedenen Zeiten und gesellschaftlichen Umständen auf. Trotzdem kann man zwischen ihnen Parallelen ziehen. Das hat für mich die Vergangenheit mit der Gegenwart noch einmal mehr verbunden. Die charakterliche Entwicklung der beiden war nicht nur von äußeren Gegebenheiten bestimmt, sondern auch von einer inneren Stärke, die mich persönlich wirklich berührt hat. Und in dem Lesemoment war ich irgendwie auch ein bisschen stolz auf die zwei.
Abschließend kann ich nur sagen, dass ich von Seite eins an in den Bann der Geschichte gezogen war und mich von beiden Frauen wirklich gut begleitet gefühlt habe. Das Buch und die Charaktere lassen einen nicht so schnell los.