Die Story beginnt bereits mit einer starken, geradezu schockierenden Szene: Ein bewusstloses, schwer verletztes 17-jähriges Mädchen wird vor den Türen eines Krankenhauses abgelegt. Was zunächst wie ein rätselhafter Unfall wirkt, bekommt schnell eine weitaus größere Dimension, denn die Jugendliche galt seit einem Jahr als verschwunden.Bentow nutzt diesen Einstieg, um sofort eine bedrückende Grundspannung zu etablieren und den Leser mitten in die Fragen hineinzuziehen, die den gesamten Plot tragen: Wo war das Mädchen all die Zeit, und welches Geheimnis verbirgt sich hinter ihrer plötzlichen Rückkehr?Die Ermittler Trojan und Weiss stehen vor einer besonders schwierigen Herausforderung. Denn das Mädchen leidet unter einer traumatisch bedingten Amnesie und kann sich an nichts erinnern. Stück für Stück müssen die beiden die Hintergründe rekonstruieren, wobei sich ein Netz aus Geheimnissen und bedrohlichen Verbindungen offenbart.Bentows Sprache ist angenehm deskriptiv, ohne dabei an atmosphärischer Dichte zu verlieren. Die eingestreuten Hinweise auf die geheimnisvollen "Raben" verleihen der Handlung eine dunkle, unheilvolle Atmosphäre.Zitat S. 8:Kroaah. Kroaah. Plötzlich fasste das Mädchen neuen Mut. Wenn Raben in der Nähe waren, sollte das ein Zeichen für sie sein. Bald darauf hatte sie eine Lichtung erreicht.Besonders im letzten Drittel gelingt es Bentow, den Spannungsbogen noch einmal drastisch anzuziehen. Unerwartete Wendungen und überraschende Szenen halten den Leser in Atem und verhindern, dass sich eine Vorhersehbarkeit einschleicht. Die Auflösung überzeugt durch ihre Wucht ebenso wie durch ihre innere Logik, und sie hinterlässt den Eindruck einer geschickt durchdachten Konstruktion. Wow!Fazit: Mit diesem zweiten Band gelingt Bentow eine Steigerung gegenüber dem Auftakt der Reihe. Der Roman verbindet Spannung und Atmosphäre, psychologische Raffinesse und düstere Bilder zu einem vielschichtigen Leseerlebnis. Ein Thriller, der nicht nur Fans des Autors begeistern dürfte, sondern allen empfohlen werden kann, die Wert auf klug konstruierte Spannungsliteratur legen.