Der Autor ist professioneller Historiker und obwohl diese Geschichte erfunden ist, ist sie gespickt mit historischen Fakten, so dass es beim Lesen mitunter schwer fällt zwischen Fiktion und Wahrheit zu unterscheiden. In einem umfangreichen Nachwort des Autors kann man aber die tatsächlichen Ereignisse nachlesen, und ein Glossar mit wichtigen Begriffen und Personen sorgt für ein lückenloses Verständnis. Dass während und nach dem zweiten Weltkrieg viele bedeutende Kunstschätze wie beispielsweise des Bernsteinzimmers geraubt wurden, ist Grundlage für Spekulationen und verwegene Phantasien, ob sie überhaupt noch existieren, und wenn ja, wo sie versteckt sind. Diese Geschichte spielt in den letzten Kriegstagen des Jahres1945. Die Rote Armee steht kurz vor der Eroberung Berlins, das völlig zerstört in Schutt und Asche liegt. Leo, ein 14 jähriger jüdischer Junge hat den Krieg als "U-Boot" überlebt, indem er sich in Kellern und Hinterzimmern vor der Gestapo versteckt und zum Schluss bei Wilhelm, einem Freund seiner verschleppten Eltern Unterschlupf gefunden hat. Aber der Krieg ist noch immer nicht zu Ende, Fliegerangriffe sorgen dafür, dass Leo immer wieder seinen Unterschlupf verlegen muss und dabei entdeckt er, dass auch Andere mit Geheimnissen leben, wie sein Freund Friedrich, der zusammen mit seiner Mutter und seiner Schwester in einer alten Villa lebt, in einem Stadtteil, dessen Häuser weitgehend von der Zerstörung verschont geblieben sind. Die beiden Jungen, die durch Zufall einem der größten Kunstraube der Geschichte auf die Schliche kommen, stoßen bei ihren Nachforschungen auf den "Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg", dessen Mitglieder sich persönlich an den Kunstschätzen, die nach nationalsozialistischer Weltanschauung als "entartet" galten", bereichern. Allerdings geraten sie dabei in höchste Gefahr, was dafür sorgt, dass die Leser sich gerne an der Aufklärung ihres Verdachts beteiligen. Das Buch ist von ungeheuerer Spannung, weil am Anfang jedes Kapitel zunächst aus der Sicht einer anderen Person erzählt wird und weil dieser Perspektivenwechsel automatisch für die Identifikation mit den unterschiedlichen Figuren, die sich nach und nach einfügen sorgt. Und weil diese einzelnen Episoden häufig genau auf dem Höhepunkt der Ereignisse abbrechen, werden die Leser wie im Sog immer weitergezogen...Schon der auf dem Cover aufgedruckte Stadtplan Berlins, der nur schemenhaft durch den transparenten Schutzumschlag sichtbar wird macht sehr neugierig darauf das Buch zu öffnen. Und wer möglicherweise gerade eine Reise ins heutige Berlin plant, kann diese Lektüre hervorragend in die Vorbereitungen einplanen, der Pergamonaltar ist ja zur Zeit wieder oder noch zu besichtigen - denn, auch in Friedenszeiten können Kunstwerke ihren Standort wechseln, mit diesem Roman kann man sich davon überzeugen, dass es sich lohnt, die Gelegenheit zu nutzen. Gabriele Hoffmann (Leanders Leseladen, Heidelberg)