Fran, die Protagonistin in Sophie Morton-Thomas düsteren, beklemmenden, leisen und atmosphärisch geschriebenen Thriller Das Nest liebt die Natur und ganz besonders die Vögel. Die Beobachtung dieser Spezies fasziniert sie, gibt ihr Ruhe und Gelassenheit. Zu den Menschen fühlt sie sich weniger hingezogen. Auch zu ihrem Sohn Bruno ist das Verhältnis eher distanziert, ganz zu schweigen von der eher nicht vorhandenen Beziehung zu ihrem Ehemann.
Die Geschichte spielt in der rauen Küstenregion Norfolks. Fran kümmert sich um die Gäste der Wohnwagensiedlung. In den Wintermonaten gibt es nicht viel zu tun. Doch mit dem Verschwinden von Brunos Lehrerin und dem Auffinden eine Leiche brechen unruhige Zeiten an. Als sich auch noch in unmittelbarer Nähe Roma niederlassen, erhitzen sich die Gemüter. Die Gerüchteküche der Bevölkerung brodelt.
Die Autorin schreibt unaufgeregt und in leisen Tönen aus wechselnder Perspektive eine Geschichte, die gesellschaftspolitisch brisant gestaltet ist. Schuldgefühle, Vorurteile, menschliche Abgründe aber auch der Wunsch von Zugehörigkeit bestimmen das Geschehen mit gut ausgebauten Charakteren. Die Landschaftsbeschreibungen und Witterungebedingungen verleihen dem Ganzen eine sehr eigene, unheimliche Stimmung. Psychologisch interessant aufgebaut, fesselt die Geschichte und lässt viel Freiraum für eigene Gedankengänge.