Der Verlust des Vaters wird erlebbar gemacht und in allen Facetten gedacht - die Autorin nimmt den Leser mit in den Sommmer des Abschieds.
" Irgendwann ist der Tod deutlicher als das Leben, sagt sie, das Leben weicht dem Tod, irgendwann ist der Zeitpunkt da, und man sieht, der Tod hat übernommmen, das Leben wird weniger."InhaltIn diesem sehr persönlichen Buch schildert die Autorin Zsuzsa Bánk die letzten Wochen im Leben ihres Vaters, wie er diesen Sommmer ganz anders als all die Sommer zuvor nicht schwimmmend im Balaton verbringt sondern schwer vom Krebs gezeichnet zwischen Krankenstationen, Onkologie und Notaufnahme. Die Kräfte schwinden und die Familie sieht sich bald schon mit dem bevorstehenden Ende des Familienoberhaupts konfrontiert. Zwar wird es kein plötzlicher Abschied werden, aber auch keiner, der sich Zeit lässt und noch viele Tage Gemeinsamkeit in Aussicht stellt. Ein halbes Jahr bleibt, zwischen der vernichtenden Diagnose und dem traurigen Ereignis , welches das Universumm in ein Davor und ein Danach spaltet. Doch mit dem Tod des Vaters, keimen zahlreiche neue Gedanken auf, die Endlichkeit des eigenen Lebens wird sichtbar, ebenso wie die Lücke, die sich nicht mehr schließen lässt und nur noch das Erinnern als letztes Verbindungsglied zum geliebten Menschen bleibt. Es folgt ein Jahr der Trauer, der Tränen, des langsamen Begreifens, der schweren, müden Stunden und der Wut, die sich gegen nichts und niemanden richten kann und deshalb irgendwann abflaut.MeinungDieses Buch bündelt sehr viele Gedanken, schwelgt in schönen Sätzen und feiert eine ehrliche, klare Sprache verbunden mit der traurigen Wahrheit des Lebens und seiner unvermeidlichen Endlichkeit. Dieser Teil der Biografie hat mir sehr gut gefallen, weil er sich mühelos übertragen lässt, schon eher ins Philosophische geht und Gedankengänge des Lesers lostritt, Fragen aufwirft und herausfordert, sich selbst in die Rolle der Autorin zu sehen. Doch der Erzählton wechselt nach dem Tod des Vaters, dann gibt es eine weniger stringente Linie, das unermüdliche Bemühen um Normalität wird deutlich und der Fokus wechselt nun in die ganz persönliche Story hinein, gespickt mit Gedanken an eine unbeschwerte Zeit vor der Krankheit, eine harte Zeit zwischen Hoffen und Aufgeben und eine vage Vorstellung von Zeit, wie sie fortan sein wird, ohne den Vater. An den Teil des Lebens, den man nicht mehr gemeinsam beschreitet, sondern neue Entwicklungen anstehen. Die zweite Hälfte des Buches konnte mich nicht ganz abholen, die emotionale Ebene tritt in den Hintergrund.FazitIch vergebe gute 4 Lesesterne für diesen persönlichen Abschiedsroman, der mit ansprechender Wortwahl und einer sehr realistisch gezeichneten Situation für viele Trauernde eine Zuflucht sein könnte, der Momente heraufbeschwört, die irgendwann Teil des eigenen Lebens werden oder schon sind. Nicht immer war ich mit dem Fokus des Buches einverstanden, zum Beispiel ist der Vater in den Erinnerungen nicht richtig sichtbar geworden, die zentrale Figur war vorrangig die trauernde Tochter, die hier als persönliche Erzählerin auftritt. Die Menschen hinter der Geschichte sind doch gerade in Büchern über Trauer durchaus austauschbar, denn jeder lebt ein anderes Leben und stirbt einen anderen Tod. Insgesamt ein starkes Buch, vielleicht etwas zu sachlich für meinen Geschmack, doch mit Nachklang. Ich kann mir dieses Buch sehr gut vorstellen, wenn man sich selbst in einer derartigen Lage befindet - im Jahr des Vatersterbens, wie es Zsuzsa Bánk tituliert. Vielleicht regt es sogar dazu an, die persönliche Trauergeschichte zu verfassen, nicht, um diese zu veröffentlichen, sondern um das Gefühl zu bewahren, welches der Tod der Eltern mit sich bringt.