Der Einstieg in die Geschichte ist mir überraschend leicht gefallen. Melanie Lane nimmt sich zu Beginn viel Raum für ausschmückende Beschreibungen, wodurch ich direkt ein gutes Bild von der Welt und den Figuren im Kopf hatte. Der Umstand, dass Mei als Leibwache des Fürstensohns Tao fungiert, wird atmosphärisch und klar eingeführt. Insgesamt ein gelungener, bildreicher Start, der mich neugierig gemacht hat.
Hörbuch-Umsetzung
Die Hörbuch-Umsetzung hat mir insgesamt wirklich gut gefallen. Zu Beginn mochte ich besonders die Sprecherin, da sie Meis Gefühle und Ton sehr passend eingefangen hat. In der Mitte konnte mich dann der männliche Sprecher stärker überzeugen, weil er Ravens Perspektive sehr authentisch rübergebracht hat. Gegen Ende hin fand ich schließlich beide gleichermaßen gelungen, sodass die Geschichte insgesamt sehr stimmig vertont wurde.
Lesefluss & Perspektiven
Der Roman wird aus zwei Ich-Perspektiven erzählt: aus Meis Sicht und aus der des Fürstensohns Raven, der aus einem benachbarten Clan stammt. Diese doppelte Ich-Perspektive hat mir ausgesprochen gut gefallen, da sie eine unmittelbare Nähe zu den Gefühlen und Motiven der Figuren schafft. Der Schreibstil ist angenehm flüssig, insbesondere die Dialoge wirken lebendig und natürlich. Dadurch lässt sich das Buch sehr gut lesen, ohne anstrengende Längen oder unnötige Stolpersteine.
Atmosphäre, Worldbuilding & Magiesystem
Die Welt um Valtherra ist eine Mischung aus moderner Technologie und Magie und genau das hat mich einerseits fasziniert, andererseits aber auch ein wenig herausgerissen. Das Magiesystem, das auf Kraftlinien und der alten Macht der Drachen basiert, fand ich originell und spannend. Dass Drachen in dieser Welt seit über hundert Jahren verschwunden sind, gibt der Geschichte einen mystischen Unterton, der mir wirklich gut gefallen hat.
Beim Worldbuilding dagegen hätte ich mir mehr Ausarbeitung gewünscht. Zwar gibt es interessante Elemente wie die Einteilung des Landes in Kantone, die alle eigene Fürsten und Kraftlinien besitzen, aber insgesamt blieb die Welt für mich teilweise etwas blass. Die Mischung aus High-Fantasy-Elementen (Magie, Drachen, Fürsten, Leibwache mit Schwertern) und moderner Technik (Handys, Flugzeuge, Wolkenkratzer) konnte ich mir nicht immer gut vorstellen und es hat mich ab und an aus der Atmosphäre gerissen. Das Konzept ist innovativ aber für meinen Geschmack hätte es stärker ausgearbeitet sein dürfen, um wirklich zu wirken.
Charaktere
Die Figuren sind eindeutig eine der größten Stärken dieses Romans. Mei als Leibwächterin, ihr Freund Tao, der charmante Fürstensohn, hat mich mit seiner frechen, humorvollen Art immer wieder begeistert. Raven und sein eigener Wächter Cole bilden ein abwechslungsreiches Quartett. Jede Figur hat eine erkennbare Persönlichkeit, die Gruppendynamik der vier ist lebendig, humorvoll und gut geschrieben Die Figurenkonstellation funktioniert hervorragend und trägt maßgeblich dazu bei, dass die Reise der vier trotz kleinerer Spannungsflauten Spaß macht. Genau hier entfaltet das Buch einen Großteil seiner Stärke in den Interaktionen, kleinen Neckereien und emotionalen Nuancen.
Mei & Raven - Nähe & Spice
Neben der Gruppendynamik erhält auch die Beziehung zwischen Mei und Raven besonderen Fokus. Die Dynamik zwischen Mei und Raven, insbesondere aus Ravens Perspektive, hat mir dennoch gut gefallen. Sie ist schön zu lesen, unterhaltsam und emotional nachvollziehbar, wenn auch nicht herausragend intensiv. Der Spice-Anteil ist bewusst eingesetzt und präsentiert eine selbstbewusste May, die weiß, was sie will. Das hat mir gut gefallen und ihren Charakter greifbarer gemacht. Allerdings muss ich sagen, dass diese Spice-Szenen für meinen Geschmack der eigentlichen Fantasy-Handlung nicht immer dienlich waren, sie haben nicht unbedingt zur Story beigetragen, sondern wirkten eher wie eine charakterbezogene Ergänzung.
Handlung & Spannung
Die Handlung begleitet die vier Protagonist*innen auf einer Reise, die über mehrere Wochen geht und sie einem übergeordneten Ziel näher bringt: der Suche nach den seit Jahrhunderten verschollenen Drachen. Dieses Ziel ist klar gesetzt und bietet einen spannenden Aufhänger jedoch hatte ich zeitweise das Gefühl, dass der rote Faden etwas verloren ging.
Zwischendurch fehlte mir der Pepp, der Antrieb, der die Spannung kontinuierlich trägt. Es kam zu Abschnitten, in denen die Figuren gefühlt einfach nur weitergesucht haben, ohne dass die Handlung wirklich vorangetrieben wurde. Einige Ereignisse haben zwischendurch wieder Spannung aufgebaut, aber nicht durchgehend genug, um mich immer aktiv mitfiebern zu lassen.
Das Ende hingegen fand ich äußerst gelungen. Der finale Abschnitt hat mich begeistert, war stark inszeniert und macht extrem neugierig auf den zweiten Band. Es wirkt wie ein gut gemachter Auftaktband, der bewusst viele Grundlagen legt, während das wirklich große Geschehen wohl erst im Folgeband entfaltet wird.
Fazit
These Ancient Flames 1: Awake ist für mich ein solides Buch, das mir insgesamt Spaß gemacht hat, mit einer interessanten Magie-Idee, sympathischen Figuren und einer wunderbaren Gruppendynamik. Für mich persönlich gab es dennoch ein paar Schwächen: vor allem mit dem eher technisch-modernen Worldbuilding, das mich nicht komplett abgeholt hat, und mit einigen Passagen, in denen die Handlung etwas vor sich hinplätscherte.
Trotzdem hat mich das Buch gut unterhalten, besonders durch seine Charaktere, die Emotionalität, die originelle Drachen-Kraftlinien-Magie und das starke Ende. Insgesamt würde ich dem Buch 4 von 5 Sternen geben und freue mich darauf, wie es in Band 2 weitergeht.