Fehrdorf ist ein beschauliches Dorf in Schleswig-Holstein. Alles geht seinen geregelten Gang, mal besser, mal schlechter - bis Ingo, Zugezogener aus Hamburg, auf dem Heimweg eine weiße Hirschkuh anfährt, die von einem Jäger erlöst werden muss. Das bringt Aufruhr in die Gemeinde, denn seit jeher kennt jeder Dorfbewohner die dunkle Prophezeiung, dass jemand, der eine weiße Hirschkuh tötet, selbst innerhalb des nächsten Jahres sterben wird. Hat Ingo damit sein eigenes Leben verwirkt? Oder wird der Jäger sterben? Wird es das Unheil sich auch auf andere Dorfbewohner übertragen? Das Leben muss weitergehen, doch von nun an herrscht eine andere Stimmung im Dorf. Martina Behm nimmt uns mit in das fiktive Dörfchen Fehrdorf in Schleswig-Holstein. Ein Dorf, wie das, in dem ich aufgewachsen bin, ein Dorf, wie das, in dem ich gerade leben. Ein Dorf, in dem jeder jeden kennt und jeder seine Rolle spielt. Der Bauer, der abends zum Saufbold wird, die Frau, die ihren Landwirt nicht verlassen kann, der Rest einer Hippie-Kommune, der längst nicht mehr so vehement für die Dinge kämpft, wie früher. Alte Werte und konservative Meinungen treffen auf Fortschritt in der Technik. Das Bild der perfekten Landfrau muss unbedingt aufrechterhalten werden. Die Idylle des Landlebens, das manchmal ein Kampf ums Überleben darstellt. Behm thematisiert in ihrem fast 500 Seiten starken Roman eine Menge, da sie viele Figuren entwickelt hat und somit eigentlich alles abdeckt. Manches sehr authentisch, manchmal mit Klischees spielend, und das alles mit einem sehr nüchternen, unaufgeregten Schreibstil. Manchmal ist es mir dadurch schwer gefallen Sympathien aufzubauen und immer den Überblick über alle Dorfbewohner zu behalten. Schade fand ich, dass der Wildunfall und die dunkle Prophezeiung zwar anfänglich im Vordergrund stehen, aber nach und nach zu einer Nebenhandlung werden. Die Einblicke in die Leben der Dorfbewohner werden zwar intensiver, es kommt mehr ans Licht, was eigentlich verborgen bleiben sollte, aber die Prophezeiung war oft nicht der Grund dafür. Ich bin bei dem Roman zwischen Buch und Hörbuch hin- und hergesprungen und mochte Julia Nachtmanns Art die Geschichte zu lesen sehr gerne. Sie hat diese Unaufgeregtheit des Romans übernommen und die Handlung genauso präsentiert. Das passte perfekt. Fazit: Ich vergebe vier Sterne, weil es Spaß macht mit Martina Behm die Dorfdynamik kennenzulernen und hinter die Fassaden zu blicken. Aber das Kernthema des Klappentextes hätte ich gerne noch stärker thematisiert gehabt.