Worum gehts?
Seit Carl sich aus der Ermittlerarbeit verabschiedet hat, ist es dem Sonderdezernat Q nicht gelungen, einen würdigen Nachfolger zu finden. Mit Helena Henry soll das nun anders werden. Als erst ein Schiff explodiert und kurz darauf ein Wohnwagen, steht Helena mitten in ihrem ersten großen Fall. Doch während sie ihre neue Rolle behauptet, wird klar: Sie trägt selbst ein Geheimnis mit sich herum, das sie schneller einholt, als ihr lieb ist.
Meine Meinung:
Betrübt habe ich damals mit dem 10. Fall den vermeintlichen Abschluss der Reihe gelesen. Umso begeisterter war ich, als nun ganz unerwartet ein 11. Fall erschien und umso gespannter, was mich erwartet, denn nicht Jussi Adler-Olsen, sondern das Autorinnenduo Line Holm und Stine Bolther führt die Ermittlungen fort. Außerdem hieß es, Carl sei nicht mehr dabei. Doch keine Angst: Tote Seelen singen nicht muss nicht ohne Carl auskommen, und auch der typische Olsen-Charme ist zwischen den Zeilen noch spürbar. Es ist eben same same, but different, wie man in Tinglish sagen würde.
Was heißt das konkret? Rose ist ganz die Alte: eigen, launisch, mit einem kleinen Geheimnis im Gepäck. Assad bleibt der Assad, den wir lieben vorsichtig im Umgang mit den Launen der Frauen und immer für einen Kamelspruch gut. Gordon huscht eher am Rand vorbei, doch auch Carl hat weiterhin seine Daseinsberechtigung. Und neu im Spiel: Helena Henry, frisch aus Lyon. Ein Hauch Tomb Raider, aber mit dunklem Geheimnis, das nur stückweise offenbart wird. Ich mag ihre Art, auch wenn ich sie noch nicht ganz greifen kann: ein wenig berechnend, klar im Kopf und potenziell ein starker Teil von Q, sobald sie den Keller als Einsatzgebiet akzeptiert.
Und der Fall? Vergangenheit prallt auf Gegenwart, und die Lunte brennt heiß: gewachsener Hass, zerstörte Zukunft, alte Jungsstreiche, Mobbing, dazu Fentanyl das in nordischen Thrillern gerade oft auftaucht. Wir springen durch verschiedene Perspektiven, blicken Ermittlern und Täter in die Köpfe. Grausam, erschreckend, psychotisch und durchweg packend. Die Story zieht mit der gewohnten Brisanz und Schnelligkeit, die Seiten fliegen nur so. Vertraut wie ein echter Q-Fall, zugleich ein wenig kühler und strategischer mit Helena, ohne an Sog zu verlieren. Zwischendurch gibt es die typischen humorigen Momente, die das Dunkel kurz auflockern. Ich freue mich auf das neue Team, hoffe, dass wir erfahren, was etwa mit Hardy und Morton ist, und bin gespannt auf viele weitere Fälle.
Fazit:
Ein würdiger Neustart, der Fans abholt und zugleich neue Wege geht. Tote Seelen singen nicht beweist, dass das Sonderdezernat Q auch ohne Adler-Olsen nichts von seiner Intensität verliert im Gegenteil: Mit frischer Energie, neuen Perspektiven und einem Fall, der tief in menschliche Abgründe blickt, gelingt dem Duo Holm & Bolther ein Auftakt, der sich sehen (und spüren) lassen kann. Wer nordische Spannung mit Tiefgang, bissigem Humor und psychologischer Finesse liebt, wird auch dieses Kapitel der Sonderdezernat Q-Reihe verschlingen.
Vertraut, düster, anders und absolut fesselnd. 5 Sterne!