Heute möchte ich Euch ein Buch vorstellen, das mich zunächst etwas irritiert hat, denn ich dachte mir: Was will mir die Autorin eigentlich sagen? Worum gehts in Halbinsel? Denn ich empfand es mehr oder weniger als so dahinplätschernd - aber genau für diese Erzählweise habe ich Kristine Bilkau am Ende ins Herz geschlossen.
Im Zentrum des Romans, der sogar den Leipziger Buchpreis verliehen bekam, steht ein Mutter-Tochter-Duo: Annett mit ihrer bereits erwachsenen Tochter Linn. Ein Zusammenbruch während eines Vortrags bringt Umweltvolontärin Linn wieder zurück zu ihrer Mutter - was zunächst nur zur Erholung für eine Woche gedacht war, wird zu Monaten. Die beiden verbringen den Sommer zusammen auf einer Halbinsel im nordfriesischen Wattenmeer. Eigentlich waren sie mal ein eingeschworenes Team, denn das Leben hat ihnen einiges abverlangt durch den plötzlichen Tod des Vaters von Linn und Annett wurde zur Alleinerziehenden vor zwanzig Jahren.
Wir parkten in der Nähe des Kiosks am Deich und gingen los. Der feste, leicht gewellte Wattboden fühlte sich warm an unter meinen Füßen. Der Backstein lag schwer in meinem Rucksack, ich hatte ihn mitgenommen, um ihn an einer Stelle, die sich passend anfühlen würde, zurück ins Watt zu legen. In der Ferne bewegten sich wieder zwei Kutschen Richtung Hallig. Die Sonne glitzerte in den Wasser-lachen. Einige Male blieben wir stehen, um uns herum war es so still, dass wir ein leises Knistern aus dem Boden hören konnten, Organismen, Sedimente.
»Erzähl uns noch mehr von der versunkenen Stadt«, sagte Linn zu Agnes. »Ich bin hier aufgewachsen - und weiß so gut wie nichts darüber.«
In ihren Vierzigern fängt Annett an, sich immer intensiver mit den großen Fragen des Lebens, aber auch mit den Herausforderungen der Gesellschaft unserer Gegenwart auseinanderzusetzen wie dem Klimawandel, transgenerationaler Verantwortung, der Habgier von Unternehmen, aber auch persönliche Überlegungen wie ihre eigenen Erwartungen an die Zukunft, aber auch die ihrer Tochter Linn, treiben sie um.
Die Suche nach dem Glück verbindet die beiden Figuren Annett und Linn - sie finden es, indem sie eher zurückgezogen, ruhig und bescheiden durchs Leben schreiten. Der frühe Tod des Vaters Johan bleibt für eine Fehlstelle, eine Lücke im Leben, für die es kein Füllmaterial gibt, was sie auch tun.
Ich habe Halbinsel vor allem wegen seines Vibes gerne gelesen - denn auf eine ebenso süffige wie sentimentale Weise erzählt Kristine Bilkau diese melancholische Mutter-Tochter-Story. Es war mein erstes Werk, das ich von der Autorin gelesen habe, aber da es mir so gut gefallen hat, habe ich bereits recherchiert, was bisher schon von ihr erschienen ist und habe mir Nebenan auf meine Wunschliste gesetzt. Lasst mich gerne mal in den Kommentaren wissen, ob Ihr schon andere Bücher von Kristine Bilkau gelesen habt und Eure Leseerfahrungen damit.
Für Halbinsel spreche ich jedenfalls eine große Leseempfehlung aus - was für ein besonderes Buch!