Wenn Rache ein Lied hätte, würde es hier lange nachhallen. Tote Seelen singen nicht ist kein sanftes Murmeln, sondern ein wütender Chor aus Vergangenem, der einem im Nacken sitzt. Die Serie um das Sonderdezernat Q bekommt mit diesem elften Band eine neue, rauere Stimme: Carl Mørck tritt einen Schritt zurück, Helena Henry tritt nach vorne elegant, geheimnisvoll, mit einem Geheimnis, das beim Lesen wie ein Nagel unter der Haut reibt. Rose knirscht, Assad blickt verwirrt und man selbst sitzt da und denkt: Verdammt, das fühlt sich echt an.
Adler-Olsen, Holm und Bolther haben einen dichten Thriller geschrieben, der weniger auf schnelle Blut-Action als auf psychologische Präzision setzt. Die Rückblenden ins Sängerinternat sind so sorgfältig gebaut, dass man fast glaubt, die alten Dielen knarren zu hören. Was hier besonders zündet, ist die Mischung aus leiser Brutalität und cleverem Timing: Szenen, die auf den ersten Blick harmlos wirken, schlagen später mit voller Wucht zu. Das Tempo ist ein Uhrwerk manchmal etwas zu gönnerhaft, wenn die Autoren länger bei einzelnen Figuren verweilen aber genau diese Zähigkeit schafft Tiefe.
Humor gibts an überraschenden Stellen; die Dialoge zwischen Rose und Assad sind ein Anker inmitten des dunklen Mists. Der große Effekt des Buches liegt in der Frage nach Demütigung, Macht und dem langen Atem der Rache. Ein paar Nebenstränge hätten etwas schlanker ausfallen dürfen, doch insgesamt bleibt ein Thriller, der nachhallt nicht nur wegen der Morde, sondern wegen der Menschen, die darunter zu Bruch gingen.
Fazit: Kein perfekter Adler-Olsen, aber ein atmosphärisch dichtes, klug gebautes Kapitel der Reihe, das neugierig auf die Verfilmung macht. Empfehlenswert für alle, die Thrill lieben, der Kopfkino erzeugt und auf subtile Weise lange zubeißt.