Jetzt, wo ich schon mal nicht tot bin

Eigenwilliger Schreibstil, aber ein wichtiges, ehrliches Buch. Was mir fehlte, war eine klar formulierte Hoffnung für das Leben.

Als bei einer Vorsorgeuntersuchung veränderte Zellen gefunden werden, muss sich Silvana Koch-Mehrin ganz neuen Ängsten als jemals davor stellen. Das hat sie zum Anlass genommen, ein Buch über ihre Ängste zu schreiben, die eng verknüpft sind mit dem Leben als Frau, Mutter und Politikerin. In dem eher biografisch als ratgebend aufgebauten Buch wird der Leser durch die Momente im Leben von Silvana Koch-Mehrin geschleust. Dabei hüpfen die Szenen wild umher, wobei Sätze und Kapitel sehr kurz sind. Dadurch lässt sich das Buch schwerlich in einem Rutsch lesen. Erst gegen Ende wird es dann auch etwas philosophisch, was die Angst an sich angeht. Mir kommt das Persönliche etwas zu kurz. Die beschriebenen Erlebnisse sind alle nicht schön und beängstigend, aber durch die sehr kurzen Einblicke und dem Mangel an einer wirklichen Lösung, wie man mit diesen Ängsten umgehen kann, bekomme ich beim Lesen eher ein Schleudertrauma als einen Rat. Es ist bewundernswert und vielleicht auch in dem Sinne mutmachend, dass viele Frauen ähnliche Dinge erleben/ erlebt haben, doch gerade, wenn es um Krieg, Corona oder den eigenen Tod geht, hätte ich für mich deutlich mehr Tiefe gebraucht. Die Mischung aus Biografie und Ratgeber kann funktionieren, doch hier wurde eindeutig zu viel gewollt und das Thema vielleicht zu politisch angegangen mit einem möglichst sauberen Image, kurzen prägnanten Sätzen und Szenen - allerdings zu Lasten einer einheitlichen Linie und einem wirklichen Übertragen von Gefühlen. Was aber absolut dem Stil des ganzen Buches entspricht. Ich hatte etwas ganz anderes erwartet. Die ganze Aufmachung des Buches hat mich auf eine falsche Spur geführt und es hält daher für mich nicht das, was es verspricht. Hätte man es anders vermarktet, wäre ich vermutlich auch nicht ganz so kritisch aber so kann ich nicht mehr als 2 Punkte vergeben.