Schwungvolle, interessante Lektüre über das Dasein der Götter und ihrer Interaktion mit den Sterblichen - erzählt aus persönlicher Sicht.
Dies ist mein zweites Buch aus der Feder der amerikanischen Autorin Madeline Miller, die mich mit dem Roman "Das Lied des Achill" bereits begeistern konnte.InhaltHier spricht die Halbgöttin Circe zum Leser und führt ihn nicht nur durch ihr eigenes Leben, sondern auch durch die Jahrhunderte, in denen Sterbliche und Götter sich den Platz teilten und stets auf Messers Schneide um den Ruhm, die Gunst und die Unsterblichkeit rangen. Circe selbst ist das "schwarze Schaf" ihrer göttlichen Familie und verbringt den größten Teil ihres Lebens in der Verbannung. Allein auf der Insel Aiaia kann sie ihre Hexenkunst perfektionieren und muss doch stets darauf warten, dass irgendeine Menschen- oder Götterseele sich zu ihr gesellt - andernfalls bleibt ihr nur die Einsamkeit. Natürlich begegnet sie immer wieder den Menschen, allen voran Odysseus, von dem sie schließlich einen Sohn empfängt, doch die Sterblichkeit ihrer Gefährten lässt sie immer wieder spüren, warum die meisten Götter unter sich bleiben. Doch für Circe ist das keine Option, das göttliche Dasein hat sie noch nie begeistern können und die Härte, die mit ihrer Macht einhergeht, sorgt für weitere Distanz. Die Entscheidung, wer sie sein möchte und wer nicht, wandelt sich in den Jahren die vergehen immer wieder, doch ihr Weg scheint vorherbestimmt ...MeinungAuch dieser Roman lebt von der Bildhaftigkeit der Erzählung. Man kann sehr gut in die Mythologie eintauchen, begegnet vielen bekannten Göttern und Sterblichen, die Ruhm erlangten und verloren. Die Ewigkeit scheint hier keine besonders erstrebenswerte Lebensform und die Nähe der Götter zu den Menschen ist das zentrale Leitmotiv. Der innere Zwist der Protagonistin findet auf vielerlei Wegen Ausdruck, mal als Rebellion, dann wieder als Anpassung an die beschränkten Möglichkeiten. Vor allem ihre Abneigung zur eigenen Familie, die ihre göttlichen Laster pflegt und kultiviert, treibt Circe in jungen Jahren immer wieder an. Aber auch im fortgeschrittenen Leben erkennt sie, dass menschliche Gefühle mehr bieten als es ein Zauber oder ein Fluch vermögen. Und ihre Sehnsucht zur anderen Seite zu gehören wird immer stärker.FazitIch vergebe gute 4 Lesesterne für einen abenteuerreichen, aufwühlenden Roman, der sehr viel Hintergründe auf engem Raum bündelt, der zeigt, wie schwer es ist, den eigenen Weg zu finden und diesen auch zu mögen, der deutlich macht, welche Konsequenzen folgen, die nicht alle vorhersehbar waren und der dennoch Zuspruch bietet für jene, die sich gegen den einfachen Weg entschieden haben. Lediglich die Protagonistin ist mir trotz ihrer Präsenz irgendwie fremd geblieben - manchmal konnte ich ihr Tun verstehen und dann ist sie mir leider wieder entglitten. Wäre da mehr Nähe gewesen zwischen Circe und mir, dann hätte ich möglicherweise 5 Sterne vergeben.