Ich wusste, dass mich dieses Buch mitnehmen würde aber dass ich es kaum aus der Hand legen könnte, hatte ich in der Intensität nicht erwartet. Selbst wenn ich mal eine kurze Pause brauchte, dauerte es keine Minute, bis ich doch wieder weiterlesen musste, weil die Spannung mich nicht losgelassen hat.
Wir begleiten Millie, die mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen hat und durch ein Vorstellungsgespräch bei der vermeintlich perfekten Familie Winchester eine neue Chance bekommt. Schnell merkt man aber: In diesem Haus ist nichts, wie es scheint. Von Beginn an schwebt eine unterschwellige Bedrohung in der Luft erst leise, dann immer lauter. Das Buch entfaltet sich wie ein schleichender Albtraum, bei dem man als Leserin irgendwann realisiert: Du hast die Luft angehalten und das schon seit Seiten.
Was mich besonders beeindruckt hat, war die Erzählstruktur: Drei Teile mit unterschiedlichen Perspektiven, und jede bringt neue Schockmomente, Wendungen und Wahrheiten ans Licht. Die Kapitel sind kurz und packend, perfekt dosiert für einen echten Pageturner. Und obwohl ich einige Entwicklungen geahnt habe, hat mich das nicht im Geringsten gestört im Gegenteil: Ich wollte unbedingt wissen, wie weit die Autorin geht. Und das tut sie. Sie geht weit.
Emotional war ich oft hin- und hergerissen zwischen Mitleid, Wut, Fassungslosigkeit und dem tiefen Wunsch, dass eine der Figuren doch bitte endlich einen Ausweg findet. Besonders eindrücklich war für mich das Zusammenspiel zwischen Nina und Andrew. Ihre Beziehung wirkt nach außen hin perfekt fast zu perfekt. Doch je tiefer man eintaucht, desto mehr spürt man, dass unter der Fassade etwas Dunkles brodelt. Diese Dynamik war für mich einer der erschreckendsten und zugleich faszinierendsten Aspekte des Buchs. Es ist ein stiller Psychokrieg, der sich langsam zuspitzt bis man irgendwann merkt, dass man längst die Luft anhält.
Einige Entscheidungen der Figuren haben mich sehr aufgewühlt. Gerade bei Millie habe ich oft mit dem Kopf geschüttelt, war enttäuscht, dann wieder voller Hoffnung und zum Schluss tief beeindruckt, wie sehr sie über sich hinauswächst. Auch Nina ist eine Figur, über die man lange nachdenken kann und will sie ist komplex, gebrochen, strategisch und menschlich auf tragische Weise.
Das Ende kam schneller, als ich erwartet hatte und es hat mich kalt erwischt. Der Epilog ist der perfekte Cliffhanger für Band 2, der zum Glück bereits existiert. Ich bin mehr als gespannt, wie es weitergeht denn Wenn sie wüsste ist nicht nur ein packender Thriller, sondern ein psychologischer Drahtseilakt, der lange nachhallt.