Wer nach einer tiefgründigen, aber leicht zu lesenden Geschichte über Alternativen, Entscheidungen und Selbstfindung sucht, wird hier fündig
Handlung: Taylor Jenkins Reid hat mich mit ihren Romanen bisher immer überzeugen können und da sie aktuell leider mit Nachschub geizt, habe ich beschlossen, mich ihren etwas älteren Romanen zu widmen. In "Maybe in Another Life" wagt die Autorin ein faszinierendes Gedankenexperiment zu einer einzigen Entscheidung, die zwei vollkommen unterschiedliche Lebenswege eröffnet. Die Erzählung teilt sich nach einer kurzen Einleitung auf und springt dann kapitelweise zwischen den zwei Versionen von Hannahs Leben, die sich unabhängig voneinander entwickeln. Durch den ständigen Perspektivwechsel zwischen den zwei Realitätsebenen bleibt die Handlung trotz nicht direkt vorhandenem Spannungsbogen, rotem Faden oder Erzählziel lebendig, fordert jedoch zugleich die volle Aufmerksamkeit beim Lesen: Man muss genau verfolgen, welche Version von Hannah welches Wissen und welche Erlebnisse mit sich trägt. Auch wenn die Handlung auf diese Weise nicht über die Tiefe einer Novelle hinauskommt, lädt die Erzählung dazu ein, über Entscheidungen, Liebe, persönliche Verantwortung und Schicksal nachzudenken."Life is long and full of an infinite number of decisions. I have to think that the small ones don't matter, that I'll end up where I need to end up no matter what I do."Schreibstil: "Maybe in Another Life", zuerst erschienen 2015, ist eines der frühen Werke der Autorin und es ist interessant zu sehen, wie stark ihr Schreibstil sich seitdem verbessert hat. Zwar schreibt sie bereits hier lebendig und interessant, die Erzählung lässt aber die Sogwirkung vermissen, mit der man sich kopfüber in das Leben einer fiktiven Person stürzt und danach Stunden braucht, um wieder ganz aufzutauchen. Wer etwa "The Seven Husbands of Evelyn Hugo" oder "Carrie Soto is Back" kennt, wird den Unterschied deutlich spüren. Obwohl die Geschichte noch nicht ganz so elektrisierend ist, überzeugt sie durch klare Sprache, glaubwürdige Dialoge und einen durchgängig reflektierten Ton, der gut zur Thematik passt."Fate or not, our lives are still the results of our choices.¿Figuren: Im Mittelpunkt der Geschichte steht Hannah Martin. Ende 20, aber ohne Heimat, ohne Job, ohne Beziehung, Bestimmung oder Lebensplan ist sie an einem Punkt in ihrem Leben, an dem sie sich verloren fühlt und mit ihren Entscheidungen hadert. Auch wenn ihre Entwicklung in den knapp 300 Seiten - beziehungsweise 150 pro Handlungsversion natürlich nur angerissen werden kann, gelingt es der Autorin aber wunderbar darzustellen, wie sie durch eine Mischung aus Zufällen, Instinkt, Freundschaft und Werte ihren Weg findet. Besonders gefreut hat mich, dass die Autorin die Freundschaft mit Gabby vor der romantischen Liebe in den Vordergrund stellt. Für welchen der Männer Hannah sich am Ende entscheidet ist beinahe egal, da sie bereits in Gabby ein Zuhause gefunden hat, das sie erdet. So gelingt es nicht nur, die wichtigsten Wendepunkte glaubwürdig und berührend zu zeichnen, sondern auch die Wichtigkeit von engen, weiblichen Freundschaften im Leben einer modernen Frau zu unterstreichen. "I know there may be universes out there where I made different choices and they led me somewhere else, led me to someone else. And my heart breaks for every single version of me that didn't end up with you.¿Fazit"Maybe in Another Life" ist ein kurzweiliger und berührender Roman über das, was hätte sein können - und darüber, was trotz aller Möglichkeiten bleibt: die eigene Entwicklung, Freundschaft und die Erkenntnis, dass das Leben selten eindeutige Antworten liefert. Wer nach einer tiefgründigen, aber leicht zu lesenden Geschichte über Alternativen, Entscheidungen und Selbstfindung sucht, wird hier fündig.