Wenn eine Ärztin einen Arztroman pardon Ärztinnenroman verfasst, kann man davon ausgehen, dass alle medizinischen Details stimmig und korrekt wiedergegeben werden. Im vorliegenden Buch, dem Debütroman der Autorin, geht das sogar soweit, dass durchgängig die häufig verwendeten Fachbegriffe in Fußnoten erläutert werden, dies jedoch ebenso humorvoll wie der gesamte Roman.
In diesem geht es um Nicki, die ihren Dienst an einer Rettungsstelle einer großen Berliner Klinik aufnimmt. Dieser Dienst umfasst ständige Überstunden, Nachtschichten, Hektik und Hetze, verlangt schnelle Entscheidungen, oft über Leben und Tod und führt zu vielen skurrilen Begegnungen.
Das fängt schon mit dem Oberarzt an, der sie an ihrem ersten Tag gleich mit platten Witzen begrüßt und sie dann ihrem Schicksal überlässt. Zum Glück findet Nicki in den Kolleg:innen und dem Pflegepersonal viele nette und hilfsbereite Menschen, so dass zwischen ihnen im Laufe der Monate Freundschaften entstehen.
Zum Glück, dann für ein Privatleben bleibt ihr kaum Zeit, sehr zum Leidwesen ihrer Mutter. Nicki lebt nur noch zwischen Dienst und Bett, durch die Schichtarbeit, die vielen Überstunden ist sie ständig müde, verliert den Kontakt zu ihrem bisherigen sozialen Umfeld und bekommt kaum noch mit, was um sie herum geschieht. Und dann Klischee lässt grüßen verliebt sie sich auch noch in besagten Oberarzt.
Soweit, so unterhaltsam. Eva Mirasol hat einen locker-flockigen Schreibstil, voller Tempo und Temperament, mit vielen sehr witzigen, teils sarkastischen Dialogen. Dazu kommt eine Heerschar an echten und eingebildeten Kranken, denen die Hauptfigur Nicki mal mit Spott, mal mit Verständnis begegnet. Die vielen Figuren fast ausschließlich Krankenhauspersonal sind meist sympathisch dargestellt, jedoch fehlt allen, egal ob Protagonistin oder Nebenfigur, der Hintergrund, die eigene Geschichte komplett. Alle Charaktere des Buchs existieren lediglich im hier und jetzt.
Dazu hat man zu Beginn des Buchs das Gefühl, das Ganze ist eher eine Aneinanderreihung von einzelnen Begebenheiten, ausgewählt nach dem Grad ihrer Skurrilität. Erst spät, nach der Hälfte des Romans, entsteht so etwas wie ein Gesamtplot, eine sich durchziehende Handlung, die den Rahmen bildet. Das ist dann die Liebesgeschichte mit Hindernissen, die aber doch nur eine Nebenrolle spielt. Haupthandlung bleiben die Erlebnisse in der Rettungsstelle, die wie erwähnt sehr anschaulich und lebensnah beschrieben werden, immer mit einem leichten Augenzwinkern. Manchmal war mir das dann doch ein bisschen zu oberflächlich, an anderer Stelle hätte ich mir mehr Tiefgang, ruhigeres Erzählen gewünscht. So blieb der Roman eher unterhaltsam als emotional.
Eva Mirasol - Staying Alive
Ullstein, Mai 2025
Taschenbuch, 334 Seiten, 14,99 €