London, April 1953. In Zuria toben die Emotionen. Erst der Heiratsantrag von Noam, welcher ihr eine sichere Zukunft ermöglicht nach all den schrecklichen Erfahrungen, dann der Brief! Die Mitteilung, dass ihre Schwester ebenfalls überlebt hat. Obwohl sie nie wieder einen Fuß auf deutschen Boden setzen wollte, reist Zuria nach Düsseldorf, um ihre Schwester zu sich nach London zu holen. Doch Jalda strebt in der Stadt der Mode ihrem Traum als Fotomodel entgegen und versucht ihrerseits Zuria zum Bleiben zu überreden.
Als ihre erste große Liebe plötzlich vor ihr steht, setzt ihr Herz einen Schlag aus. Wie kann Kurt von ihr erwarten, dass sie ihm in die Arme fliegt nach all dem, was geschehen ist? Doch nach einem klärenden Gespräch verändert sich alles. Während Zuria auf ihren Streifzügen durch Düsseldorf neben dem perfekten Umgang mit ihrer neuen Kamera auch die Schönheiten und ehemaligen Lieblingsplätze wiederentdeckt, sehnt sie sich nach Liebe, nach Verständnis und Geborgenheit. Noch immer drohen die Geister der Vergangenheit, Zuria zu erdrücken, erlittene Qualen und Ängste brechen auf. Schwere Entscheidungen und zum Greifen nahe Träume, verwirrende Gefühle und unerwarteter Beistand. Erst im Laufe der Zeit ist die Stimme ihres Herzens laut genug, findet Zuria den Halt, der ihr Leben vollkommen macht.
Zerrissen zwischen Hoffnung auf Neubeginn und den Nachwehen der Vergangenheit. In vielen Köpfen existieren noch die alten Verhaltensmuster gegenüber Juden. Leben mit Schuldgefühlen, Lernen zu vergeben, das Bild der Frau im Wandel und die aufstrebende Wirtschaft, dies und noch viel mehr hat die Autorin in den Roman gepackt. Eindrücklich und aufwühlend entstehen Bilder aus Worten. Detailgenaue Schilderungen und lebendige Dialoge geben authentisch den Zeitgeist wieder. Eintauchen in die Nachkriegsjahre, die fortschreitende Entwicklung der Fotografie, das Hadern mit Erlebnissen. Begeistert, teils erschüttert von eingeflochtenen Rückblicken, verschlinge ich die Erzählung. Tiefgründige Recherche spiegelt sich in vielen Kleinigkeiten wider, zum Beispiel zeitlich passende Details zu Bildeinstellungen und Arten der Fotografie. Auch Schauplätze und Beschreibungen der Modewelt sind authentisch dargestellt. Im Anhang gibt die Autorin Erklärungen dazu.
Zitat: Leben, ich komme!
Zuria, ich habe dich sehr gerne auf diesem Weg begleitet, mit dir getrauert und gehofft. Gelächelt und die Verzweiflung gespürt. Genauso könnte sich das ein oder andere abgespielt haben.
Ich persönlich würde den ersten Teil der historischen Reihe "Neue Zeiten auf der Kö", die Journalistin, vor dem Lesen empfehlen. Die Geschehnisse bauen darauf auf. Sind zwar auch so lesbar, aber hintergründige Nuancen sind deutlicher spürbar in meinen Augen. Die vielfältigen Charaktere entwickeln sich zunehmend, ihre Stärke und Emotionalität sowie überraschende Wendungen verleihen Spannung. Einfühlsam an den richtigen Stellen, mal ein Lächeln oder Schmunzeln gezaubert. Historische Fakten geschickt mit fiktiven Personen verwoben lassen den Roman lebensecht erscheinen. Gepaart mit dem fesselnden Schreibstil ist es eine gelungene Mischung, die mich das Buch kaum aus der Hand legen lässt. Absolute Leseempfehlung.