Nach zahlreichen Veröffentlichungen (wie z.B. Mit dem Mut zur Liebe oder Zeit zu verzeihen) hat Hera Lind nun ihr neustes Werk Um jeden Preis, dass im April 2025 im Knaur Verlag erschienen ist, vorgelegt. Vor ein paar Jahren habe ich die Autorin für mich entdeckt und als ich von ihrem neuen Roman erfuhr, wusste ich, dass ich diesen ebenfalls wieder lesen muss. Allein der Klapptext und die dazugehörige Leseprobe konnten meine Neugierde wecken, aber da war mehr: ich wollte in Lydias berührende Familiengeschichte eintauchen.
Wer schon das eine oder andere Buch von Hera Lind gelesen hat, weiß ihren flüssigen und leichten Schreibstil zu schätzen. Der bildhafte Erzählstil komplettiert das Ganze. Bereits ab der ersten Seite zog mich Lydias Geschichte regelrecht in ihren Bann. Zu jedem Zeitpunkt wollte ich eigentlich wissen, wie es mit ihr und der Familie weitergehen wird. Die grauenvollen und sehr bewegenden Ereignisse zwangen mich aber mehrfach dazu, das Buch zur Seite zu legen, um das Gelesene zu verarbeiten. Es war der blanke Horror. Immer noch frage ich mich, wie Lydia und deren Familie diese schrecklichen Jahre überleben ließen. War es wirklich nur der familiäre Zusammenhalt, die Liebe oder die Hoffnung, dass es irgendwann einmal besser wird? Ich weiß es nicht. Teilweise haben mich die Ereignisse so mitgenommen, dass ich unter Tränen weitergelesen habe.
Hera Lind erzählt die Geschichte der damals 16jährigen Lydia. Sie und ihre Familie leben in einem ukrainischen Dorf bei Odessa, als die Rote Armee immer weiter vorrückt, fliehen sie. Ihre Flucht endet in Deutschland, wo sie wieder zurückgeholt werden. Ab diesen Moment beginnt ein unvorstellbarer Alptraum, der nie zu enden scheint. Die Odyssee beginnt als die Familie in einem verschlossenen Waggon nach Sibirien verschleppt werden. Was sie dort erwartet, ist kaum in Worte zu fassen. Ihr einziges Gepäck ist die Kleidung, die sie am Körper tragen und dass bei minus 50 Grad. 12 lange Jahre muss die Familie unter schwersten und menschenunwürdigsten Bedingungen Arbeiten und Wohnen. In dieser Zeit wird Lydia selber Mutter. 6 von acht Kindern überleben diese Szenarien. Als man sie endlich aus dem Arbeitslager entlässt, ist der Eiserne Vorhang dicht. Es scheint aussichtslos zu sein, dass die Familie wieder nach Deutschland zurückkehren kann. 12 weitere Jahre, die die Familie mit Zusammenhalt, Liebe und Hoffnung überleben lässt.
Um jeden Preis ist erneut ein Roman, der auf einer wahren Geschichte beruht. Dank der Lydias Familie und Angehörige, die sich mit Tagebüchern und Fotoalben an Hera Lind gewandt haben, konnte diese emotionale, dramatische und herzzerreißende Geschichte zu Papier gebracht werden. Eine Familiengeschichte, die mich mehr als einmal zu Tränen gerührt hat, aber auch des Öfteren fassungslos zurückließ. Warum konnten Menschen anderen Menschen sowas antun? Was mich aber zu tiefst bewundern ließ, war, dass die Familie, ganz gleich wie schwer die Lebensumstände auch noch waren, nie die Hoffnung oder gar den Lebensmut verloren haben. Den Glauben an sich und an eine bessere Zukunft haben sie nie aus den Augen verloren und sich all die Jahre lang bewahrt.
Für mich sind Lydia und ihre Familie nicht nur wahre Helden, sondern auch starke Überlebungskünstler, die unsere Probleme ganz klein und sinnlos erscheinen lassen.
Eine Geschichte, die die damaligen Ereignisse nie vergessen lassen.
5 (obwohl dieser Roman definitiv mehr verdient hätte) von 5 Sternen. Dieses Buch gehört jetzt schon zu den Lesehighlights 2025!!!!