Sehr erfrischende Fantasyklassiker mit Kommentaren der Autorin, die zeigen dass Fantasy die literarische Beschäftigung nicht ausschließt.
Im Buch werden drei Bücher der Erdseechroniken versammelt, die chronologisch geordnet verschiedene Abenteuer des Zauberers Ged, der sich Sperber nennt, verfolgen. Die Seiten sind recht groß und gut ausgefüllt, daher würde ich tippen, dass die einzelnen Romane schon auf ca. 200-300 Seiten kommen würden - hier versammelt sind es jeweils unter 200. Nach jedem Buch wird ein Kommentar der Autorin beigefügt, sie auf Entstehungskontext, Konzept und Rezeption eingeht, den ich persönlich sehr spannend fand. Abschließend gibt es noch Glossarähnliche Einträge zur Geschichte und Gegebenheiten in Erdsee, die die Welt in einen erweiterten Rahmen einbetten. So etwas scheint ja unter großen FantasyautorInnen verbreitet zu sein, scheint mir als Leser aber eigentlich eher einen Einblick in die Notizen der Autorin zu sein als mich literarisch ansprechen zu wollen. Auch gefällt mir die insgesamte Gestaltung des Bandes sehr gut, inklusive des Covers und der beigefügten Karte.Die Erdseechroniken stellen einen hierzulande weniger stark verbreiteten Klassiker der modernen (Jugend?)Fantasyliteratur dar, der mir auch erst mit der Verfilmung des vierten (und damit hier nicht enthaltenen) Bandes durch das Ghibli-Studio über den Weg gelaufen ist. Ich fand es sehr angenehm mal kein total ausuferndes Fantasy-Epos zu lesen, dass sich in der Beschreibung jeder Kleinigkeit verliert, alles quantifizieren muss und tausend verschiedene POV's aufmacht - und trotzdem nichts an Tiefgang der Welt und Geschichte vermissen zu müssen. Das Erzähltempo ist gerade im ersten Buch sehr hoch, weshalb der Text eine hoher Handlungsdichte aufweist, dabei aber stets eine Entdeckungsreise bleibt, die es schafft das Mythische der Welt nicht zu entzaubern. Auch mag ich die Darstellung der magischen Elemente, die mehr auf Erfahrung, Instinkt und situatives Reaktionsvermögen setzen als einer Kräfteskala. Dadurch wird oftmals schnell Spannung aufgebaut, die einem mexican standoff gleicht und sich jederzeit entladen kann, statt in langen Kämpfen auszuufern. Die Handlung selbst scheint in allen Bänden eher eine Suche der Charaktere zu sein, ihren Platz in der Welt zu finden und sich mit ihren Gegebenheiten zu arrangieren, weshalb Le Guin oft nachgesagt wird das Nicht-Handeln zu einem zentralen Motiv ihrer Geschichten zu machen. Auch das finde ich sehr ansprechend. Zusätzlich werden in den Geschichten immer wieder für die Entstehungszeit der 1960er und 70er Jahre sehr progressive Elemente eingebaut, die aber nur unterschwellig aktiv und damit normalisierend wirkend. Das erste Buch hat mir sehr gut gefallen, das zweite ein gutes Stück weniger, aber dafür war das dritte (das natürlich den Vorteil hatte auf den ersten Beiden aufzubauen) mein absolutes Highlight. Für jeden zu empfehlen, der etwas entschleunigende und nicht zu überformte Fantasyliteratur lesen will, die sich mit dem Leben selbst auseinandersetzt und auch für Lese- und Fantasyeinsteiger gut eignet.