Inhalt:
Mika Thorwarth stehen sterbenslangweilige Sommerferien bei seiner Oma Hertha bevor. Kein Internet, dafür Brettspiele statt Zocken! Wie öde!
Doch ein Unglück zwingt den 12 5/6 Jährigen dazu, in tiefschwarzer Gewitternacht mit dem Auto zu fahren, um seine Oma in das nächste Krankenhaus zu bringen.
Überraschend bietet sich nach einem Unfall auf der vom Regen überschwemmten Landstraße die Gelegenheit, mit einem Luftschiff in die Stadt zu fahren. Doch die freundliche Frau, die das ungewöhnliche Gefährt steuert, bringt Mika und seine Oma an einen sonderbaren Ort.
Hier erledigen Affen all die Arbeiten, auf die die Menschen keine Lust haben. Alles, was Mika sich wünscht, geht plötzlich in Erfüllung. Er stolpert geradezu in den "Club der großen Geister" und findet dort auf Anhieb Freunde.
Irgendetwas ist hier oberfaul ... Es läuft alles viel zu glatt!
In Immerland lauern Gefahren, von denen man nicht einmal zu träumen gewagt hat ...
Altersempfehlung:
von etwa 12 bis 112 Jahre
Illustrationen:
Den unverkennbaren Strich von Flix mag ich sehr und für ein Jugendbuch ist der Bildanteil erfreulich hoch.
Ausdrucksstarke schwarz-weiß Zeichnungen ergänzen das Abenteuer und geben zugleich den Charakteren und Kreaturen ein Gesicht (mit Ausnahme von Mika).
Gewählt wurde diese Art der Illustrationen, da es sich bei den Zeichnungen um Skizzen handelt, die Mika während des Abenteuers selbst anfertigt.
Von seinen Mitschülern bisher nur müde belächelt, hält er selbst allerdings nur wenig von seinen Zeichnungen.
"Ich kann das nicht richtig", sagte Mika.
"Kunst kommt nicht vom Können. Sondern vom Trotzdem. Dass man es trotzdem macht. Trotz all der Selbstzweifel, der mangelnden Übung, der befürchteten Ideenlosigkeit, dem vermeintlichen Unvermögen. Trotz allem setzt man sich hin und macht was. Das ist Kunst."
(Dialog zwischen Mika und Julie, vgl. S. 125)
Mein Eindruck:
Um seiner Oma Hertha zu helfen, hat der 12 5/6 jährige Mika gleich zu Beginn Mut bewiesen und ist unverhofft nicht nur an einem sonderbaren Ort, sondern auch in einem turbulenten Abenteuer gelandet.
In Immerland, der ewigen Stadt, ticken die Uhren scheinbar anders, vieles ist besser, als es der Junge von Zuhause kennt. Doch manche Eigenarten werfen Fragen auf.
Mika wird vom Hunger getrieben sogar zum Dieb (auch wenn es "nur" ein Granatapfel ist) und lernt erst langsam die Besonderheiten der Stadt kennen.
An der Seite von Mika werden auch Lesende vollkommen in's kalte Wasser geworfen. Man versteht die Welt nicht mehr und erst nach und nach werden ein paar Rätsel gelüftet und neue tauchen auf. Man wartet geradezu auf die nächste (verrückte) Wendung. Es ist wirklich ein irrer Trip und eine absurde Situation.
Wie Mika Vertrauen in sich und seine Fähigkeiten und Stärke entwickelt, ist eindrucksvoll mitzuerleben. Man fühlt, fiebert und leidet durchgehend mit.
Vom Außenseiter zum Helden. Auch hier geht alles irre schnell. Der Junge wird Teil eines Teams und hilft dabei, einen selbst konstruierten Roboter zu steuern. Er tritt sogar für das Team bei der Robolympiade an.
Lesende dürfen sich auf das Auftauchen von fantastischen (Roboter-)Kreaturen wie den Wolpertinger und andere Easter Eggs und literarische Anspielungen freuen.
Mika hat ein unglaubliches Talent. Ausgerechnet das stundenlange Spiel an seiner Playstation hat ihn darauf vorbereitet, die hochsensible Steuerung des Roboters zu bedienen (komplizierte Klickkombinationen, notwendige Hand-Auge-Koordination usw.).
Kaum zu glauben, "... dass all das dem verbreiteten Klischee widersprach, dass Zocken eine stumpfe Sache für geistig minderbemittelte Vollpfosten sei."
(vgl. S. 189)
Seine neuen Freunde Julie, Nilla und Lucullus sind außergewöhnlich, liebenswert und haben ihre ganz eigenen "Macken". Julie neckt Mika "Bumsbirne" hin und wieder, aber im Grunde hat auch sie das Herz am rechten Fleck.
Mika ist plötzlich eine kleine Berühmtheit und schwebt glückselig wie auf Wolken (ohne dabei eingebildet zu sein). Er kann sein Glück kaum fassen und will verständlicherweise gar nicht mehr nach Hause.
Es dämmert Lesenden (und Mika selbst) irgendwann, dass alles viel zu einfach, zu reibungslos läuft.
Aus einem wunderschönen Traum wird ein fürchterlicher Albtraum. Es geht plötzlich um Leben und Tod, nun ist erst Recht Mikas Mut gefordert.
Die ewige Stadt selbst ist die Gefahr.
Ohne zu spoilern bringt es Oma Hertha sehr treffend auf den Punkt:
"Es ist wie das Internet. Von der Idee her gut. Aber wenn man zu lange drin ist, wird's problematisch."
(vgl. S. 282)
Die Geschichte konnte gleich an mehreren Stellen überraschen und hat Wendungen genommen, die ich so nicht erwartet habe, und die dafür gesorgt haben, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Es ist ein wilder und irrer Trip inmitten von fantastischen Kulissen und phantasievollen Wesen, so dass man sich stetig fragt: Was ist real? Ist alles vielleicht nur ein Traum?
Neben actionreichen Szenen, gruseligen Momenten und witzigen Situationen finden sich auch Passagen, die nachdenklich stimmen.
Thematisiert werden nicht nur Freundschaft und das Erwachsenwerden, sondern auch die Ewigkeit und das Leben nach dem Tod. Es ist kein klassisches Jugendbuch, sondern auch für Erwachsene in jedem Fall lesenswert.
Für dieses rundum gelungene Roman-Debüt voller Überraschungen gebe ich eine Leseempfehlung sowie 5 von 5 Granatäpfel.
Für Herbst 2026 ist mit "Immerland Der Ozean der Ewigkeit" eine Fortsetzung angekündigt.
Fazit:
Ein rasantes Abenteuer: witzig, ein wenig gruselig, spannend, überraschend und unterhaltsam zugleich mit eindrucksvollen, fantastischen Kreaturen.
Atmosphärisch und sprachlich sehr gelungen, wird Mikas wilde Reise in eine mysteriöse Welt ergänzt durch detaillierte schwarz-weiß Illustrationen.
...
Rezensiertes Buch: "Immerland Die Stadt der Ewigkeit" aus dem Jahr 2025