"Das Praktische und das Funktionelle und das Natürliche führen direkt in die Hölle."InhaltDieses Buch teilt sich in zwei Einheiten, zum einen die Erzählung eines abgelehnten Schöffen, der in einen Mordprozess berufen wurde, zum anderen in ein Interview mit dem Autor selbst. Und da dieser Roman insgesamt nur etwas mehr als 100 Seiten umfasst, hat mich vor allem der inhaltliche Aufbau enttäuscht, denn aus der Geschichte hätte man viel mehr herausholen können. Gerade im Bericht des Zeugen, springen die Gedanken nur so hin und her und als Leser bekommt man keinen so Recht zu fassen. Und plötzlich endet die Story - einfach so. Und auch der zweite Teil bieten sehr viel Input und Persönliches, bleibt aber auch unbestimmt und lückenhaft. Ganz klar - der Aufbau des Buches war nicht nach meinem Geschmack aus diesem Grund ziehe ich ein Sternchen ab - alles andere war absolut fesselnd, formschön und besonders.MeinungBisher habe ich nur ein einziges Buch des Autors gelesen vor langer Zeit. Mit dem Werk "Der Fall Collini" verbinde ich eher mittelmäßiges Lesevergnügen, zumal ich zuerst den Film gesehen hatte und dann erst das Buch gelesen habe - selten eine gute Kombination (ging mir eigentlich nur mit Harry Potter so, dass ich tatsächlich beides mochte). Doch in dieser kurzen Geschichte hier steckt so viel mehr, so viel Philosophisches, ethische Grundsätze und zahlreiche Lebensweisheiten, so dass man am liebsten direkt in den Disput einsteigen würde. Selten hat mich eine so simple, fast inhaltslose Erzählung so gefesselt und in den Bann gezogen. Es sind nicht einmal die Übereinstimmungen oder Gegensätzlichkeiten, die mir hier so ausgesprochen gut gefallen haben, nein es ist die Art und Weise, wie geschrieben wird, was hinter den Andeutungen steckt und wo sich Wahrheiten verbergen. Tatsächlich könnte ich nach dem Lesen stundenlang über die Textzeilen reden. Ich habe angefangen zu lachen und zu weinen, ich habe zitiert und bewertet und fühlte mich direkt angesprochen, fast so, als würde der Autor selbst in meine Seele schauen. Dabei gibt es auch viele Distanzen zwischen meinen und seinen Ansichten, doch ich kaufe ihm alles ab, es wirkt authentisch und im Kern fast ein wenig traurig, doch gerade so viel, dass das Glück, von dem er nicht viel hatte, immer nur eine kurze Wegstrecke entfernt lag. FazitEin besonderes Leseerlebnis für mich. Ich kann sowohl die schlechten als auch die guten Leserstimmen absolut nachvollziehen und in Summe können es keine 5 Sterne werden. Aber diesen Anspruch stellt das Buch ohnehin nicht, ich denke Ferdinand von Schirach möchte nicht begeistern, es wirkt fast so, als wäre ihm die Leserschaft egal. "Regen" ist ein Werk, was mich im Herzen berührt hat und meine Vorliebe für philosophische Lebensbetrachtungen schürt. Deshalb habe ich mir direkt nach dem Beenden des Buches ein weiteres des Autors im Buchhandel besorgt. Es lässt mir sonst keine Ruhe, wie unterschiedlich ich zwei Bücher aus einer Feder wahrgenommen habe und was ich möglicherweise noch alles verpasse, denn die Auswahl an seiner Lektüre ist umfassend.