Worum gehts?
Elena Gerink bekommt einen neuen Fall, der sie auf eine einsame Insel nach Griechenland führt. Auch ihr Mann Peter und sein Partner Dino sind in Griechenland, um nach einer verschwundenen Österreicherin zu suchen. Ihre Spuren kreuzen sich schnell und führen tiefer, als irgendwer erwartet hat. Hinab in einen Abgrund, der sofort an den griechischen Hades denken lässt.
Meine Meinung:
Mit Herzfluch führt Andreas Gruber die Herz-Reihe um die Gerinks fort. Wir mussten lange auf diesen zweiten Teil warten, und genau dieses Warten macht den Einstieg so heftig: Man schlägt die erste Seite auf und ist sofort wieder in diesem präzisen, dunklen Gruber-Sog gefangen. Ich habe den ersten Fall erst vor Kurzem gelesen, aber das Vorwissen ist nicht zwingend der Band funktioniert problemlos als Stand Alone. Grubers Schreibstil trifft direkt ins Nervensystem: intensiv, kompromisslos, bildgewaltig, als würde er die Szenen mit Skalpell und Flutlicht freilegen.
Elena und Peter wirken wie damals nur reifer, schärfer konturiert, mit der Erfahrung der Jahre im Blick. Dino ergänzt sie perfekt. Die drei funktionieren wie ein atmender Organismus, getragen von Humor, Sticheleien und diesem unerschütterlichen Zusammenhalt, der selbst in den finstersten Momenten hell bleibt. Ihre Dynamik ist ein Genuss, ihre Dialoge sitzen, und ja: Die Honeymoon Suite ist wieder da. Ob sie wohl zur Tradition wird? Nur von Wallace müssen wir uns leider verabschieden.
Der Fall selbst? Eine Eskalation, die man nicht kommen sieht. Was als vermeintlich harmlose Entführung startet, entpuppt sich als Verbrechen von fast mythologischem Ausmaß. Fantasievoll, grausam, verstörend genial. Man liest anfangs noch entspannt und merkt dann, wie das Tempo unaufhaltsam anzieht. Die Spannung steigt nicht einfach, sie zieht an einem, Seite für Seite, bis man nur noch schneller lesen will, weil die Ereignisse förmlich explodieren. Die Insel ist wie ein geschlossener Albtraumraum: atmosphärisch dicht, klaustrophobisch, bedrückend schön. Die Orte sind so stark beschrieben, dass man den Boden unter den Füßen spürt. Und der Schauplatz des letzten Showdowns? Brutal gut gewählt. Ein Ort, der sich ins Unterbewusstsein fräst und garantiert nachflackert genial und grausam zugleich.
Ich habe das Buch geliebt, verschlungen, inhaliert. Der erste Fall war schon stark, aber dieser hier ist noch stärker. Jetzt beginnt das Warten auf Fall 3 und ich hoffe sehr, dass wir nicht wieder ein Jahrzehnt pausieren müssen. Herr Gruber: Bitte halten Sie sich ans Tempo Ihres Mörders!
Fazit:
Herzfluch von Andreas Gruber ist ein Thriller, der nicht nur packt, sondern mitreißt, bis keine Atempause mehr bleibt. Düster, dynamisch, brillant erzählt und mit einer mythologisch aufgeladenen Fallkonstruktion, die lange nachwirkt. Ein intensiver zweiter Band, der die Reihe konsequent weiterführt und den ersten Teil sogar hinter sich lässt. Für Fans von harten, atmosphärischen Ermittlungen ein Volltreffer.
Glasklare 5 Sterne von mir!