Üblicherweise bin ich ein großer Fan der Klett Lektürehilfen, da sie im Vergleich zu Mitbewerbern zumeist sehr gute Interpretationen mit einer klaren Struktur und hervorragenden Intergrundinformationen liefern. Die Ausgabe zu Dürrenmatts Drama Die Physiker fällt aber leider negativ auf, was unter anderem an einer aus meiner Sicht zweifelhaften Schwerpunktsetzung liegt.
So steht bei dieser Lektürehilfe neben der gewohnten Inhaltsangabe, die durchaus gut gelungen ist, Dürrenmatts Theaterauffassung klar im Vordergrund. Das ist zweifelsohne ein wesentliches Thema, gerade da auch auf konzeptionelle Gedanken wie das Prinzip von Einfall und Zufall eingegangen wird, doch dies bedeutet konsequenterweise auch, dass für eine Analyse der Charaktere nur sehr wenig Raum bleibt, wobei es gerade zur Rolle der Ärztin deutlich mehr zu sagen gäbe, als es die zwei Seiten tun, die in der Lektürehilfe dafür vorgesehen sind. Insgesamt ist die Darstellung der Charaktere auf 8 Seiten beschränkt, was angesichts der Vielfalt der Figuren und ihrer Widersprüchlichkeit zu einer recht oberflächlichen Darstellung führt.
Ähnliches gilt für die Aussage des Dramas, die zwar angesprochen wird, aber nicht die Tiefe erreicht, die notwendig gewesen wäre, um die Zusammenhänge sinnvoll einordnen zu können. Zudem fehlt damit eine wirkliche Bezugnahme auf die Gegenwart, die die Relevanz des Stücks für die heutige Zeit verdeutlichen würde, da das Problem der Verantwortung der Wissenschaft nach wie vor höchst aktuell ist.
Stattdessen legt die Lektürehilfe einen großen Fokus auf den Vergleich von Dürrenmatt und Brecht, wobei insbesondere dessen Drama Leben des Galilei thematisiert wird. Zwar mögen manche Lehrerinnen und Lehrer diesen Vergleich zu einem Teil ihres Unterrichts machen, doch ein Vergleich ergibt erst dann Sinn, wenn das Drama von Dürrenmatt auch in seiner Tiefe verstanden wurde, was mit dieser Lektürehilfe allerdings nur begrenzt gelingt.
Man verstehe mich nicht falsch: Die Lektürehilfe von Klett ist nicht schlecht, schafft aber nur bedingt den nötigen Tiefgang und setzt Schwerpunkte, die zwar durchaus möglich, aber eben auch stark eingeschränkt sind. Daher für mich nur bedingt eine empfehlenswerte Lektürehilfe, da sie zwar einen ersten Überblick, aber keinen wirklichen Durchblick vermittelt.