Wir schreiben das Jahr 1879. Die Mädchen Elise und Valérie könnten nicht verschiedener sein, was ihre Gesellschaftsschichten angeht. Elise ist die Tochter einer armen Wäscherin und lebt im heruntergekommenen Teil der Butte Montmartre. Valéries Vater hingegen ist Kunsthändler, die Familie ist sehr wohlhabend und lebt ihrerseits am Boulevard de Clichy, ebenfalls im Viertel.
Als Leserin begleite ich die beiden ab dem zarten Alter von 13 Jahren auf ihrem Weg durch das Paris des 19. Jahrhunderts.
Valérie möchte gern zum Leidwesen ihrer Mutter Malerin werden. Sie hat durchaus Talent, doch weibliche Maler werden zu dieser Zeit nicht ernst genommen. Dennoch darf sie, dank der Unterstützung ihres Vaters, an einer Kunstakademie studieren. Dort trifft sie unter anderem auf den damals bereits recht bekannten Maler, den Graf Henri de Toulouse-Lautrec und auf Pascal Didier, in den sie sich schließlich verliebt.
Elise hingegen arbeitet von klein an in einer Wäscherei an der Seite ihrer Mutter, damit sich die Familie über Wasser halten kann. Ihre Freundin Louise Weber nicht besonders bescheiden und rein nimmt sie immer wieder mit in die Pariser Etablissements, in denen unter anderem der Cancan getanzt wird und besorgt ihr einen Job als Aktmodell an der Kunsthochschule. Ebenfalls dank Louise, die sich recht schnell in der Tanzszene einen (zweifelhaften) Ruf erarbeitet, gelangt sie an Engagements in den damals äußerst bekannten Lokalen wie dem Moulin Rouge.
Ich habe die beiden jungen Damen unheimlich gern durch Paris begleitet. Marie Lacrosse hat sich viel Zeit dafür genommen, die Charaktere und ihr jeweiliges Umfeld vorzustellen, ist dabei aber nie zu ausschweifend geworden. Das hat dazu geführt, dass ich mich in beiden Welten gleichermaßen wohlgefühlt und die Entwicklung beider Mädchen mit Spannung verfolgt habe, auch wenn es mich zum wiederholten Mal geärgert hat, wie unterschiedlich Frauen und Männer zur damaligen Zeit behandelt wurden. Diese Thematik ist von der Autorin sehr schöne herausgearbeitet und auch die damalige Frauenrechtlerin Louise Michel bekommt eine Stimme im Buch.
In der Geschichte finden sich generell viele berühmte, historische Persönlichkeiten und Ereignisse wieder, die ich ebenfalls mit Spannung verfolgt habe.
Nebenbei habe ich immer wieder das Leben der ein oder anderen Berühmtheit und deren Werke gegoogelt und mich gefreut, dass ich im Louvre schon das ein oder andere Gemälde bewundern konnte.
Zusätzlich zu den detaillierten und atmosphärischen Beschreibungen von Paris, findet sich am Anfang des Buchs ein Stadtplan von Montmartre im Jahr 1880, sodass sich auch Leser:innen, die noch nicht so wie ich - durch die Straßen der französischen Hauptstadt spaziert sind, gut dort zurechtfinden. Komplettiert wird das Glossar von einer Übersicht der Personen, denen wir im Laufe der vielen Seiten begegnen.
Dieser Roman verbindet wunderbar fiktive und reale Persönlichkeiten der damaligen Zeit und die Geschichte der beiden Frauen ist geschickt miteinander verwoben. Das Buch hat mir unheimlich Spaß gemacht und ich freue mich schon auf den zweiten Teil, der im November erscheint. Von mir gibts eine absolute Leseempfehlung!