Die Geschichte kann sich nicht recht entscheiden, ob sie Romantik, Regionalkrimi oder Nordic Noir sein will - und nichts davon wäre gelungen
Wie bin ich eigentlich auf Camilla Läckberg gekommen? Ich glaube, es war eine dieser düsteren schwedischen Netflixserien mit Schnee, Serienmördern und Verfolgungsjagden in der Winterdämmerung, die ich gar nicht so schlecht fand und für die sie das Drehbuch schrieb - weswegen ich mir die Krimis von ihr auf meine Leseliste gesetzt habe. Nun habe ich mir ihren Erstling vorgenommen, "Die Eisprinzessin schläft", von 2003.Im beschaulichen Badeort Fjällbacka ganz im Westen Schwedens, nördlich von Göteborg, kurz vor der norwegischen Grenze, wird die Göteborger Galeristin Alex Wijkner im Haus ihrer Eltern mit aufgeschnittenen Pulsadern tot aufgefunden.Zufällig ist auch die Stockholmer Schriftstellerin Erica Falck im Ort, eine Jugendfreundin der Toten, die in Fjällbacka den Nachlass ihrer Eltern regeln soll. Und bald zeigt sich, dass der vermeintliche Selbstmord gar keiner war, und dass Alex (und einige andere in ihrem Umfeld) aus der Vergangenheit dunkle Geheimnisse mit sich tragen. Erica und der örtliche Polizist Patrik Hedström fühlen sich nicht nur intensiv zueinander hingezogen, sondern machen sich auch auf die Suche nach dem Täter.Es fällt mir sehr schwer, dieses Buch einem (Sub-) Genre des Kriminalromans zuzuordnen. Die Geschichte von Erica, die in das Dorf ihrer Jugend heimkommt und sich in den Polizisten verliebt, der Kampf um das Elternhaus, die Schwester, die erst mit ihrem arroganten Arschloch-Banker-Ehemann gegen sie steht und dann die Seiten wechselt, das ist alles sehr nach dem Schema von Romanen für Frauen gesetzteren Alters gehalten, eine dieser Liebesstorys mit ein bissl Drama und selbstironischem Bridget-Jones-Augenzwinkern dazu.Der Ort, bekannter Ferienort in Schweden, außerhalb der Saison, und seine etwas skurrilen Bewohner wären eigentlich die Musterkulisse für einen kuscheligen Regional-/Provinzkrimi à la "Mord am Fjord". Doch dafür entwickelt sich der Plot zu finster, sind die makabren Begebenheiten der Vergangenheit zu abgründig und schlimm - da riecht es dann eher nach nordischem Noir mit kaputten Seelen und finsteren Rächern.Diese Unbestimmtheit wäre an sich gar nicht schlimm, denn schließlich sind es die besten Bücher, die sich einer schlichten Genreschublade verweigern. Aber hier wollen die Teile sich nicht zu einem schlüssigen Ganzen fügen, zumal gerade die romantischen Abschnitte vollgestopft sind mit Klischees und Fertigteilen und holzgeschnitzten Knallchargen aus dem Fundus des abgelutschten Liebesromans. Der düstere Verbrechens-Plot ist hingegen ebenso drastisch wie im Detail unplausibel (jedenfalls in unserer heutigen Zeit) und das Krimipuzzle leidet massiv darunter, dass Frau Läckberg ihre Figuren immer wieder Entdeckungen machen lässt, die sie dann nicht mit dem Publikum teilen (also: sie finden etwa einen wichtigen Zettel und wir erfahren nicht, was draufsteht). Derart billige Taschenspielertricks waren schon zu den Zeiten von Agatha Christie ein Ausbund eher schwacher Kriminalromane.Stilistisch hat mich das Buch auch nicht überzeugt. Es holpert und poltert immer wieder, leider kann ich kein Schwedisch und vermag folglich nicht zu sagen, was davon auf das Konto des Originaltextes geht und was die Übersetzerin verbrochen hat. Dass nahezu jede Figur Perspektivträger ist (inklusive dem Täter, der uns aber auch in Gedanken die Tat nicht eingesteht), macht es nicht besser.Nachdem mich nicht mal Ian Rankin mit dem ersten Inspector-Rebus-Roman überzeugen konnte, bekommt auch Frau Läckberg eine zweite Chance. Bleiben Sie dran!