Zäher, unendlicher Showdown. Da ist mit Herrn Brown wohl der Katholizismus durchgegangen.
***Vorsicht, jede Menge Spoiler (macht aber nichts, ist eh alles absehbar) ***Wenn man ein Buch liest, kann man ja schlecht an einer bestimmten Stelle aufschreien und sagen: hey das ist aber unlogisch! Oder: ich bin anderer Meinung! Diese Schreie verhallen ungehörtAm schlimmsten ist es aber, wenn der Autor eines Buches uns einen Gedankengang nahe bringen möchte und dafür zwei Protagonisten diskutieren lässt.Im vorliegenden Buch diskutieren ein atheistischer, rationaler Wissenschaftler und ein angehender Papstanwärter, also einer der höchsten Amtsinhaber des Vatikans. Es geht mal wieder um den Glauben.Und das Argument, wie könne es einen liebenden Gott geben, der Frauen und unschuldige Kinder hungern und sterben lässt, Krieg zulässt und schlimme Krankheiten.Der Priester gibt dem Wissenschaftler (und uns) folgendes Gleichnis:Liebst du deine Kinder?Na klar!Würdest du jegliches Unheil von ihnen abwenden?Klar!Würdest du deinem jungen verbieten, auf dem Skateboard zu fahren?Nein, er muss seine Erfahrungen selber sammeln und darf sich auch mal das Knie aufschürfen.Ha! Siehst du, so macht Gott das auch. Er lässt die Menschen ihre Erfahrungen selber machen!Dieses stechende Argument beeindruckt unseren logisch denkenden Wissenschaftler derart, dass er am Ende, wenn der Priester den Antimateriebehälter in einem Hubschrauber wegfliegen möchte, spontan hinterher springt und lieber zusammen mit dem Priester stirbt, als ihn alleine sterben zu lassen.Als Leser möchte man hier laut losschreien:Joa, stimmt, gutes Beispiel! Aus dem Grund schicken wir unsere Kinder ja auch zu pädophilen Priestern, damit sie dort ihre Erfahrung sammeln können. Und wir jagen sie auch über die Klippe, damit sie selber sehen, ob man lebendig unten ankommt! Und wir lassen auch gerne unsere Frauen und Kinder im Krieg vergewaltigen, denn das ist ja eine wichtige Erfahrung, die die Damen sicherlich gerne und freiwillig machen (oder eigenverschuldet!).Während der Anfang des Buches noch halbwegs spannend und interessant ist, verrennt sich Dan Brown im unendlich langen Showdown derart, dass man es selten in dieser Häufung in schlechten Actionfilmen gesehen hat:Da steht die Hauptfigur, bewaffnet mit einer spitzen Eisenstange direkt hinter dem Assassinen, der gerade seine Freundin "nehmen" und anschließend ermorden möchte. Statt ihn direkt zu erledigen, kündigt er sich natürlich erst mit einem "lass. sie. los!" an, um dann mit dem viel fitteren und kampferprobten Auftragsmörder einen längeren Kampf auszufechten, zweimal fast über die Ballustrade zu stürzen, an einer Hand zu hängen, und am Ende doch noch ganz knapp mit Hilfe der eigentlich gefesselten Frau zu gewinnen ("lege dich niemals mit einer Yogameisterin an - und Houdini konnte auch Yoga").An jeder noch so unmöglichen Stelle wird noch ein Haken eingebaut, der den Showdown verlängert. Hätte ich das Buch nicht als Hörbuch in zweifacher Geschwindigkeit gehört, hätte ich es spätestens an dieser Stelle wütend in die Ecke gepfeffert. War ja gefühlt noch ein Viertel übrig.Es wird aber noch schlimmer. 5 Minuten vor der Explosion wird der Antimateriebehälter gefunden, der falsche (bzw. durchgeknallte) Priester schnappt in sich, um ihn vermeintlich außerhalb des Vatikans zu bringen. Er steigt in einen Hubschrauber, ist plötzlich ausgebildeter Hubschrauberpilot, und bringt das Ding, zusammen mit dem Wissenschaftler, siehe oben, einfach senkrecht über den Vatikan, um das Ding dann in ein paar Kilometer Höhe als hübsches Feuerwerk explodieren zu lassen.Weil es dort ja viel weniger Schaden anrichtet als in den tiefen Gewölben unterm Petersdom.Ich habe so viele Fragen.Kann ein noch so toller Hubschrauber in vier Minuten auf 5-6 km aufsteigen?Weiß Dan Brown nicht, dass die Bomben über Hiroshima extra mehrere Kilometer über der Stadt gezündet wurden, eben gerade weil sie dadurch am allermeisten Schaden anrichten? Die Bilder der zerstörten Stadt kennen wir alle. Und das bisschen Antimaterie, ein paar Gramm, sollte so viel Energie freisetzen, wie mehrere Atombomben.Was passiert also mit der staunenden Menge unter dem Feuerwerk? Die Menschen sehen ein helles Licht, dann trifft sie eine kleine Druckwelle und etwas warmer Wind, der sie zu Boden wirft. Das war's.Der Hammer ist aber, dass der falsche Priester wenige Sekunden vor der Explosion mit dem Fallschirm abgesprungen ist, elegant auf den Dach des Doms landet, um dann, jesusgleich, mit erhobenen Armen sich der Menge zu präsentieren. Und der Wissenschaftler, der ohne Fallschirm absprang, weil der Priester ihm keinen gegeben hatte, und nur mit ein paar Quadratmetern Persenning als Bremse im Tiber landete, überlebt auch das und wird von Ärzten aus dem Fluss gezogen.Wenige Minuten später ist er schon wieder unterwegs (eigentlich immer noch ziemlich schwer verletzt) zum Petersdom im Privathubschrauber der Ärzte, um den bösen Priester zu stellen.So. Mehr müsst ihr über das Buch eigentlich nicht wissen.Lest was Gescheites.