Ein Roman, der ordentlich und spannend beginnt, aber zum Ende hin inhaltlich völlig hanebüchen wird
Der Roman ist im Jahr 2024 erschienen und ist bereits der elfte Fall für den Stuttgarter Privatermittler Georg Dengler.Was ich sehr seltsam fand, ist, dass Denglers Mutter mit ihm Dialekt spricht, er mit ihr aber hochdeutsch. Das halte ich für sehr unrealistisch. Es mag sein, dass Dengler den Dialekt in seinem normalen Leben abgelegt hat, damit er besser verstanden wird, aber zu Hause im Gespräch mit seiner Mutter wird er mit Sicherheit in den Dialekt zurückfallen. Ich spreche den alemannischen Dialekt selbst, war ein bisschen in der Republik unterwegs und habe ihn mir deshalb gezwungenermaßen abgewöhnt, aber daheim wird immer Dialekt gesprochen und das ist bei allen meinen Bekannten und Freunden so. Niemand, der mit dem Dialekt aufgewachsen ist, spricht mit seinen Eltern Hochdeutsch, never ever oder im Läbe nit!Dagegen möchte ich die Umsetzung des Dialekts in der Sprache der Mutter ausdrücklich loben. Das liest sich (meist) so, wie es gesprochen wird und das liest man selten in der Qualität. Respekt dafür, zumal Schorlau kein alemannischer Muttersprachler ist. Ich bin gespannt, ob im Nachwort jemand erwähnt wird, der das gegengelesen oder sogar formuliert hat. (ja, es wird jemand erwähnt: Sigrid Klausmann-Sittler. Ein Lob auch von mir für ihre Arbeit!)Bei der Erwähnung einiger Freiburger Lokalitäten, deren Besuch Schorlau seinem Dengler angedichtet und wohl als junger Kerl selbst besucht hat, kamen alte Erinnerungen an meine eigene "wilde" Zeit wieder hoch. Scheen ischs gsi!Für Kurt Mannheimer, im Roman ein ehemaliger russischer Honorarkonsul, hat, so vermute ich, der ehemalige Stasi-Major und Nordstream 2 Chef Matthias Warnig Modell gestanden, dem man ähnliche Skrupellosigkeit nachsagt, wie sie Mannheimer an den Tag legt.Leider aber nähert sich Schorlau mit diesem Dengler-Band dem Niveau seiner klischeetriefenden und missglückten Reihe mit Commissario Antonio Morello an anstatt das durchweg höhere Niveau der ersten zehn Dengler-Bände zu halten. Dabei beginnt der Roman gewohnt gut und spannend und ebenfalls wie immer streut der Autor maßgebliche wissenschaftliche Fakten in das Handlungsgeschehen ein. Der Aufbau ist logisch, das Thema aktuell und politisch umstritten und der Leser kann zusätzlich rätseln über eine seltsame Figur, die im Wald herumschleicht. Wie immer bleibt dem Leser auch nicht verborgen, auf wessen Seite die Sympathien des Autors liegen, was ich im Grunde aber nicht schlimm finde.Doch dann verliert Schorlau aus meiner Sicht irgendwie den Überblick über seinen Roman. Da entpuppt sich die vermeintliche Frau im Wald plötzlich als Wölfin, eine Wölfin wohlgemerkt, die trotz Hunger nicht an einer Frauenleiche frisst, sondern stattdessen die Füchsin vertreibt, die das tun will (Kiepenheuer&Witsch, 1. Aufl. 2024, S. 302). Geht's noch? In dem Stil geht es dem Ende zu leider weiter. Nicht nur, dass nur einer der Haupttäter entlarvt wird, obwohl Dengler entlarvende Mitschnitte eines Gesprächs der beiden miteinander hat (völlig unlogisch), sondern auch, wie die Aufklärung eines Jahrzehnte zurückliegenden Verbrechens wegen eines gefühlten Schattens gelingt, ist hanebüchen.Und über das konstruierte Happy End legen wir lieber den Mantel des Schweigens. Zwei Sterne.