Humor, Wärme und Spannung in Südafrika
Deon Meyers "Todsünde", 2020 erstmals erschienen, ist ein Krimi anderer Sorte als viele der Konkurrenten. Der Roman aus Südafrika zieht die Spannung nicht aus einer stetigen Steigerung von grausam hingeschlachteten Toten, sondern aus 2 erst parallel geführten Stories um einen verschwundenen Studenten und um Boonstra, einen Unternehmer, der in höchst kriminelle Täuschungsmanöver verwickelt ist. Dabei ist die Erzählung voller Wärme- nicht vermutet im Krimi- und psychologisch genauer Schilderung der Personen. Es ist quasi eine Gegenvorlage zu Krimis, die einen Überhelden mit hundert Prozent Grips und genauso viel Körperkraft gegen die Bösen loslässt. Hier in der Geschichte leben normale Menschen. Auch ohne den Griff zum üblichen und schon oft abgegriffenen Spannungsbogen ist die Geschichte spannend zu lesen.Es geht sehr realistisch zu bei der Polizei in Stellenbosch. Die Kleinstadt unterscheidet sich hier nicht allzu sehr von Orten überall in der Welt. Der Einblick, den Meyer in einen südafrikanischen Ermittlungsapparat gewährt, begleitet vor allem ein sehr unterschiedliches Polizisten- und Freundespaar, das zunächst gemaßregelt und degradiert und danach mehr als rehabilitiert wird. Es geht auch um Korruption innerhalb des Apparats, Gangs und eine Immobilienmaklerin, die fast in ihr Verderben schliddert im Kampf um einen Verkaufsauftrag des Unternehmers. Das ist auch der Originaltitel: "Donkerdrif" ist ein märchenhaftes Anwesen, das zu dem verschachtelten Imperium Boonstras gehört. Und da hält der deutsche reißerische Titel dagegen, der offenbar sein muss für den Verkaufserfolg. Nur dass nirgendwo erläutert wird, was mit der "Todsünde" konkret gemeint ist. Aber da hat man ja den Krimi schon begonnen zu lesen. Und wird von der Heiterkeit des Autors genauso getragen wie von der Kenntnis der Polizeiarbeit (und deren Abgründe und Fehlerhaftigkeit) und einer sich immer rasanter entwickelnden Geschichte, die in einem Showdown endet, wo dann doch die Leichen purzeln. Aber nur kurz und "gerecht", so soll es sein.