Ines Thorn entführt mit Die Heilerin des Nordens in eine faszinierende und oft vergessene Welt: die der Sami im 19. Jahrhundert, jenes indigenen Volkes im hohen Norden, dessen Lebensweise, Spiritualität und Sprache durch Kolonialisierung und Christianisierung unterdrückt wurden.
Im Mittelpunkt steht Miija, eine junge Schamanin. Wir begleiten sie von ihrer Kindheit an durch Zeiten des Lernens, Suchens, Liebens und Verlierens bis sie Schritt für Schritt in ihre volle Kraft kommt: als Heilerin, die Brücken schlägt zwischen Wissen und Glauben, zwischen alten Traditionen und einer neuen Zeit.
Mich hat dieser Roman tief bewegt. Er zeigt mit großer Einfühlsamkeit, wie Unterdrückung beginnt und wie viel Mut es braucht, Bewusstsein und Wandel zuzulassen. Besonders eindrucksvoll fand ich, wie unmittelbar man in die Welt der Sami eintaucht. Die Beschreibungen ihrer Lebensweise, Rituale und Naturverbundenheit sind so lebendig, dass man fast den Schnee unter den Füßen spürt und das Feuer in der Kote riecht.
Ich wusste vorher gar nicht so viel über die Geschichte der Sami und habe beim Lesen oft gedacht, wie sehr sich diese Themen bis heute fortsetzen wenn man sieht, wie bedroht ihr Lebensraum noch immer ist: durch Rohstoffabbau, Staudämme und Klimawandel.
Besonders schön fand ich, wie Ines Thorn den Bogen zwischen der alten, spirituellen Welt und dem aufkommenden neuen Wissen spannt und zeigt, dass sich beides nicht ausschließen muss, sondern gegenseitig bereichern kann.
Fazit:
Ein kraftvoller Roman über Erwachen, Selbstfindung und den Mut, zwischen zwei Welten den eigenen Weg zu gehen. Ein Stück Geschichte, das berührt, bildet und lange nachhallt.