Penibel recherchiert und gekonnt erzählt
Peter Prange, Meister von detaillierten historischen Romanen, entführt uns diesmal in das Jahr 1871. Zunächst geht es einmal in den mondänen böhmischen Kurort Karlsbad (heute Karlovy Vary in Tschechien) an dem sich Kaiser, Könige und alle, die etwas auf sich halten, zur Badekur (und ähnlichem) treffen. Hier begegnen einander die britische Erbin Vicky, der deutsche Bauingenieur Paul und der französische Koch Auguste. Obwohl aus verschiedenen, oft miteinander verfeindeten Reichen und unterschiedlicher Herkunft, freundet sich das junge Trio an. Dennoch habe sie Gemeinsamkeiten: Sie sind zielstrebig und wollen Großes erreichen. Paul will am Bau der Rotunde, dem Gebäude der nächsten Weltausstellung, die 1873 in Wien stattfinden wird, mitarbeiten. Später dann, in seiner Heimatstadt Berlin soll, so schwebt ihm eine Prachtstraße, die dem Vergleich mit der Avenue des Champs Élysées in Paris nicht zu scheuen braucht, vor. Der junge, ehrgeizige Koch Auguste will der berühmteste Koch Frankreichs werden. Er hat es satt, immer herumkommandiert zu werden und will in Zukunft Chef seines eigenes Restaurant sein. Und Vicky? Als Enkelin von Joseph Paxton, dem Botaniker und Erbauer des Glaspalastes der Weltausstellung von 1851 in London, und Emily Paxton, deren Geschichte Peter Prange bereits in Die Rebellin erzählt hat, hat sie ihren eigenen Kopf. Sie will ihren eigenen Weg zur Völkerverständigung gehen und ist fasziniert von der Vorstellung, England und Frankreich mit einem Tunnel zu verbinden. Heirat, Ehemann und Kinder stehen nicht wirklich auf ihrem Plan. Jeder der drei lebt sein eigenes Leben und Träume. Immer wieder ergibt sich die Gelegenheit sich zu treffen und gegenseitig zu unterstützen. Werden alle drei ihre Träume gegen alle Widerstände und Widrigkeiten des Lebens verwirklichen können? Meine Meinung: Wie wir es von Peter Pranges penibel recherchierten und opulent erzählten historischen Romanen gewöhnt sind, ist auch dieser, der der erste einer Dilogie namens Herrliche Zeiten ist, sehr gut gelungen. Wir erhalten Einblick in die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts in England, Frankreich und dem Deutschen Reich, das eben durch Otto von Bismarcks Streben ein Kaiserreich geworden ist. Doch nicht nur der High Society gilt unsere Aufmerksamkeit, sondern auch dem Bürgertum und den Arbeitern, die den Prunk erst möglich machen. Durch seine fesselnde und anschauliche Erzählweise erhalten wir Geschichtsunterricht, ohne uns dessen bewusst zu sein. Peter Prange gelingt es mühelos und subtil historische Persönlichkeiten sowie Fakten und Fiktion mit der Handlung zu verknüpfen. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung Dem Himmel so nah, der die nächste Generation begleiten wird. Das Buch erscheint im September 2025. Fazit:Diesem penibel recherchierten und gekonnt erzählten historischen Roman gebe ich gerne 5 Stern und eine Leseempfehlung.