Verehrung von Alice Urciuol / Verlag: nonsolo
Was für ein stimmiger Roman über das Erwachsenwerden. Über die Leichtigkeit der Jugend, über Liebe, Verführung und Verehrung. Über Begehren, Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung, über das Loslösen von Erwartungen und das Gehen eigener Wege.
In der Provinz Pontinia südlich von Rom erschüttert der Tod der siebzehnjährigen Elena, die von ihrem Freund getötet wurde, eine ganze Gruppe von Jugendlichen.
Die Tat wirft lange Schatten, niemand hat sie kommen sehen und doch hätten alle es ahnen können. Die Schuldgefühle, welche der Tod ihrer Freundin hervorruft, zieht sich wie ein unsichtbarer Faden durch das Leben der FreundInnen.
Vanessa, Elenas beste Freundin, steht zwischen den patriarchalen Werten, die ihr Umfeld noch immer tief verinnerlicht hat, und dem Drang, ihr Leben selbstbestimmt zu führen.
Giorgio, der in Elena verliebt war und sie nicht beschützen konnte, trägt schwer daran und versucht nun, seine Schwester Vera vor allem zu bewahren; und mischt sich damit oft in Dinge ein, die ihn nichts angehen.
Christian, Elenas Ex-Freund, taumelt zwischen Teresa und Vera. Er schafft es nicht, aus den Fehlern seiner Vergangenheit zu lernen.
Und Diana, die mit einem großen Muttermal am Oberschenkel lebt, versteckt sich aus Scham - unsicher, ob sie jemals jemanden so nah an sich heranlassen darf.
Alice Urciuolo versteht es meisterhaft, die ungestüme Dynamik dieser jungen Menschen einzufangen.
Sie zeigt, wie eng Leichtigkeit und Unbeschwertheit mit Trauer und Schuld verwoben sein können; wie Begehren, Macht und Sehnsucht ineinanderfließen.
In den Dialogen, in den Gesten, in den schwülen Sommernächten zwischen Pontinia und den Stränden von Sabaudia liegt diese ganz besondere Hitze, die das Aufwachsen beschleunigt und doch alles zerbrechlich wirken lässt.
Es ist ein Roman, der die Leidenschaft der Heranwachsenden in all ihrer Schönheit, Unvernunft und Wildheit spürbar macht. Gleichzeitig zeichnet er das Bild einer Elterngeneration, die an ihren Erwartungen und überholten Werten festhält und von der sich die jungen ProtagonistInnen lösen, um ihr eigenes Leben zu leben.
Und so gelingt es Urciuolo, von Trauer und Schuld zu erzählen, aber auch von diesem unbändigen Hunger nach Freiheit: vom Schwimmen im Meer, vom Schmecken des Sommers, von der Lust, das eigene Leben trotz allem zu feiern und sich auszuprobieren. In vielerlei Hinsicht.
Ein Roman voller Schwere in der Leichtigkeit, voller Sommerhitze und voller Sehnsucht. Wunderschön, berührend, authentisch und eine große Leseempfehlung.