Antti Tuomainen beweist erneut, dass er das skandinavische Gegenstück zu Guy Ritchie sein könnte - mit seinem ganz eigenen Ton, einer Vorliebe für Außenseiter und einem feinen Gespür für das Tragikomische. Nach Palm Beach, Finnlandverschlägt es uns diesmal nach Klein Sibirien - ein nordisches Kaff mit dem ganz großen Chaos.Der Ich-Erzähler ist Pfarrer - und gleichzeitig eine klassische tragische Figur. Vom Leben gebeutelt, von seiner Frau betrogen, aus Afghanistan traumatisiert zurückgekehrt und nun auch noch zeugungsunfähig. Aber statt sich in Selbstmitleid zu suhlen, entscheidet er: Jetzt reicht's! - und genau daraus zieht der Roman seinen Drive. Dieser melancholische, aber nicht selbstmitleidige Ton funktioniert richtig gut, weil er immer wieder durch trockenen Humor und lakonische Selbstreflexion gebrochen wird.Wie schon in Palm Beach lebt das Buch stark von seinen Figuren - und was für welche das wieder sind: ein abgehalfterter Rallyfahrer, ein Endzeit-Philosoph, schräge Dorfbewohner, und ein Protagonist, der einfach nicht mehr Zuschauer seines eigenen Lebens sein will. Alle leicht überzeichnet, aber nie zu viel. Die Skurrilität dieser Menschen verleiht dem Roman Tiefe, ohne dass Tuomainen große Monologe oder Psychogramme braucht - die Geschichten, Eigenarten und absurden Verwicklungen machen die Figuren einfach lebendig.Das zentrale Thema - ein mysteriöser Meteorit und der Kampf darum - ist natürlich abgedreht, aber funktioniert als Aufhänger wunderbar. Die vielen Wendungen halten den Spannungsbogen oben, besonders weil man als Leser:in nie genau weiß: Wer steckt wirklich hinter dem Einbruch? Und gerade die Eifersucht des Pfarrers bringt eine weitere, menschlich glaubwürdige Ebene hinein.Interessant ist auch, wie der Roman mit Glaube, Moral und Zufall spielt - etwa, wenn ein Pfarrer selbst nicht mehr an Gott glaubt und trotzdem die moralische Instanz des Dorfes wird. Das Ganze bleibt aber durchweg satirisch und pointiert - nie schwer, nie belehrend.Unterm Strich ist Klein Sibirien nicht ganz so bissig wie Palm Beach, Finnland, dafür vielleicht eine Spur melancholischer und reflektierter. Eine klare Empfehlung für alle, die schrägen Humor mögen - und zwischen tiefen Gedanken und absurd-komischen Szenen gerne hin- und herschaukeln.