Als in einem Wiener Hotel eine Prostituierte ermordet wird, soll die Tat auf Befehl von Oberkommissar Sobotka, Max von Krauses Vorgesetztem, vertuscht werden. Der hält sich natürlich nicht daran und entdeckt, dass die Tote im Besitz einer wertvollen Halskette aus der bekannten Wiener Werkstätte rund um Josef Hoffmann ist. Ein Grund, die Werkstätte in der Lili Feigl, die er im ersten Fall kennengelernt hat, zu treffen. Lili arbeitet als Putzfrau in der WW und erkennt das Schmuckstück sofort: Es ist ihr Entwurf, den sie heimlich für einen Goldschmied angefertigt hat. Sie wird nur stutzig, dass die Signatur der Wiener Werkstätte, das doppelte W, ein wenig verfremdet ist und als Doppel M erscheint. Hat der Goldschmied entgegen der Absprache, nur Unikate herzustellen, verstoßen und gleich mehrere Colliers angefertigt? Noch bevor diese Frage beantwortet werden kann, wird eine weitere Prostituierte auf genau dieselbe Art und Weise ermordet, das Schmuckstück inklusive.
Wird es Max von Krause gelingen die beiden Frauenmorde aufzuklären? Und was hat Sobotka damit zu tun?
Meine Meinung:
Ihrem zweiten Krimi rund um Max von Krause und Liliane Feigl liegt ein wahrer Kriminalfall zu Grunde, der 1906 zu einem Skandal und Prozess führte: Die Bordellbesitzerin Regine Riehl hat jahrelang 12 bis 15-jährige Mädchen ihren Eltern abgekauft, sie in ihrem Bordell eingesperrt und zur Prostitution gezwungen. Gedeckt wurde das Treiben von zahlreichen hoch angesehenen Persönlichkeiten, darunter auch zahlreiche Polizisten, die eigentlich gegen solche Verbrechen einschreiten sollten, bei Kontrollen des Bordells wegsahen und sich der Mädchen nach Wunsch bedienen konnten.
Beate Maly beleuchtet zudem auch die Wiener Werkstätte. Männern wird Kreativität in allen Sparten zugeschrieben, während Künstlerinnen sich mit filigraner Deko wie Keramikfiguren oder Entwürfen für Stoff begnügen müssen. Selbst wenn, wie man an Hand des Colliers sieht, der Entwurf von einer Frau stammt, wird die Designerin nicht genannt und auch nicht entsprechend entlohnt. Auch die bekannte Kunstschule Staatliches Bauhaus (1919-1933) von Walter Gropius in Weimar gegründet, lässt Frauen zunächst nur weben und töpfern sowie kleine kunsthandwerkliche Gegenstände anfertigen. Architektur, Tischlerei und Metallverarbeitung blieb bis auf wenige Ausnahmen eine Männerdomäne.
Schmunzeln musste ich wieder über Max von Krauses Mutter, die ihren Sohn unter die Haube bringen will, natürlich standesgemäß und vermögend. Nach wie vor ist sie mit seiner Berufswahl nicht einverstanden und zieht im Hintergrund Fäden, um ihm einen höheren Posten zu verschaffen, was Max aber so gar nicht behagt. Er will es aus eigenem schaffen, befördert zu werden. Protektionskinder gibt es ja schon genug. Interessant auch, dass sie ihm unabsichtlich einen Hinweis geben kann, der in späterer Folge zum Täter führt.
Lili ist ein starker Charakter. Trotz der eigenen Probleme kümmert sie sich um die verarmte Nachbarin und deren Kinder. Gut gefällt mir die Entwicklung von Lili, die zwar nach wie vor als Putzfrau in der Wiener Werkstätte arbeitet, aber auch eigene Entwürfe anfertigt. Das Fälschen von Dokumenten lässt Lili trotz der Schulden der ihr alkoholsüchtige Vater immer wieder macht, nun bleiben. Dafür malt sie weibliche Akte, die sie an eine zwielichtige Gestalt am Spittelberg verkauft. Bei diesem Geschäft wird sie von Reporter Herbert Rossberg begleitet, der nicht nur ein berufliches Interesse an Lili hat. Ich bin schon neugierig, wann ihr Geheimnis über ihre Herkunft auffliegen wird und ob sich Helene, die ihr eine Freundin geworden ist, sich von ihr abwendet.
Dieser historische Krimi wird aus mehreren Perspektiven erzählt. Zudem erhalten wir Einblick in das Leben der unterschiedlichen Bewohner Wiens um 1900: Reiche Bürger, verarmte Adelige und das Heer von kleinen Handwerkern und Tagelöhnern, die ein ärmliches Leben in feuchten Behausungen fristen.
Wie immer ist das Cover ein echtes Highlight. Es ist den Motiven der Wiener Werkstätte nachempfunden und wirkt durch die goldfarbenen Elemente ausgesprochen edel.
Fazit:
Gerne gebe ich diesem zweiten Krimi rund um die Wiener Werkstätte eine Leseempfehlung und 5 Sterne.