Aufguss nach Erfolgen. Das Cover preist die Dickbuch als "Bestseller" + "schwedischen Krimipreis". Stimmt so nicht, falscher Goldstaub alles
"Wenn die Nacht endet" heißt ein 2023 in Schweden ausgezeichneter Krimi von Einem mit dem sehr schwedischen Namen Christoffer Carlsson. Das Buch trägt wie ein Stempel den Button "Der Bestseller aus Schweden". Das rückseitige Cover haut noch eins drauf: "Ausgezeichnet mit dem schwedischen Krimipreis". Der Verlag hat sich Mühe mit dem Anpreisen gegeben. Ich bin auch darauf reingefallen. Wenn das Buch von den Lesern gekauft wurde, sagt das nur darüber etwas aus, dass sie viel erwartet hatten, wohl wegen vorangegangener Erfolge. Ob sie so enttäuscht waren wie ich, weiß man erst später. Es ist ein 460-Seiten- Buch, an dem alles kalkuliert erscheint. Und das Seite für Seite immer unüberschaubarer und damit auch langweiliger wird. Mit Sicherheit werden die wenigsten Bücher für eine Rezension vollständig "aus"-gelesen, das weiß ich aus meiner Arbeit im Zeitungsbereich. Das erste Drittel des "Nachtendens" habe ich geschafft, um daraufhin in Etappen und mal 10, dann 20 Seiten weiter zu blättern und dann fliegend nicht bis ganz Ende. Es entstand der Eindruck, dass hier jemand einen Plan angelegt hat, herum um eine kleine Story, die er an losen Fäden aneinander gereiht hat, über 20 Jahre(!) durchgemischt mit einer - wahrscheinlich selbst erlebten- Liebes und Leibesgeschichte um eine anbetenswert Hübsche, die wie ein Wanderpokal hin und her vögelt. Garniert das Ganze mit Heu und Stroh aus lokaler Naturromantik, auf die sogar auch das Titelfoto - Wasser Wald Schatten Reflexionen- hingewiesen hat. Wie der Verlag mit frecher Werbung umgeht, zeigt wieder ein Blick auf die Zitate im Cover: Da wird sogar ein Zitat aus einer Kritik über ein ganz anderes Buch verwendet. Die Geschichte wirkt, lässt man sich mal drauf ein, wie eine sternförmige Anordnung von etwa 27 wild durcheinander gestellten Tischtennistischen, an der 54 Akteure kreuz und quer herumspielen, mit vielen (auch unterschiedlich großen)  Bällen, die unterschiedliche Farben haben. Namen über Namen. Manchmal scheidet ein Spieler aus. Übersichtlich wird es deshalb nicht unbedingt. Die Nacht hat für mich nicht enden wollen. Für dieses Puzzle um einen verschwundenen gerade Volljährigen von einer Party hat mich irgendwann die Geduld verlassen. Und ich bin ein an sich geduldiger Krimileser. Beim Lesen und später beim Blättern hat mich mehr und mehr die Idee eines Autors verfolgt, der sich aus einem Zettelkasten, von mir aus einem elektronischen, vielleicht auch aus der KI, bedient und alle (3?) Seiten neue  Zettel einwirft, blaue, grüne und gelbe Zettel, die roten am Anfang und - vielleicht- am Schluss. Ein Konstrukt.  Was nicht unbedingt ganz schlecht sein muss. Und wie offenbar immer mehr Krimis entstehen, spätestens, sobald die Vielschreiber einen vermarktbaren Namen umgehängt bekommen haben.Sicher, es gibt jede Menge ähnlicher verwässerter geschriebener Kriminalromane,  die sich vergleichbar seicht und schwirrend vorwärts bewegen, sehr oft auf die anscheinend geforderten annähernd 500 Seiten hin. Offenbar verlangen viele Leser für ihr Geld viele Seiten, keine Ahnung. Oder es sind die Verlage, die ihre erfolgreichen Autoren unter Druck setzten (hier Kindler/Rowohlt).  Ich verlange für das wirkliche Leserinteresse eine stringent geschriebene Story nah an der kriminalistischen Arbeit, die spannend ist - und es bleibt bis zum Schluss.  Es kann dann harter Tobak sein wie bei Lehane oder auch leichtes Soufflee wie beim alten Simenon. Kein Splitter- und Plappermachwerk wie hier.