Klassenfahrt mit Amrumfeeling, zwischen Mord und der Energie der Steine
von
Elke Seifried
- 29.03.2017
Da mich Krischan Koch mit seiner Inselkrimireihe um das originelle Fredenbüller Ermittlerteam bisher immer grandios witzig, aber auch kniffelig spannend unterhalten hat, war ich sehr gespannt auf den fünften Fall. Ganz klar, dass ich auf Amrum, wo dieses Mal ermittelt wird, nicht fehlen durfte, denn da hätte ich so richtig etwas verpasst.
Nicht nur für Telje und Tadje, die beiden Zwillinge von Polizeiobermeister Thies Detlefsen, sondern auch für sämtliche Klassenkameraden, Klassenlehrer Dr. Niggemeier, Junglehrerin Vanessa Loebell und Referendar Manuel Schloz, den süßen "Captain Sparrow in Lehrerausbildung", wird die Klassenreise nach Amrum zum einem Erlebnis, das sie bestimmt nie mehr vergessen werden. Schon bei der stürmischen Überfahrt sitzt plötzlich der Hamburger Jungreeder Blankenhorn tot auf dem Sonnendeck, dessen Mord aufzuklären nun Aufgabe von Thies und Kriminalhauptkommissarin Nicole Stappenbek ist. Und es bleibt natürlich nicht bei der einen Aufregung..
Die Inselkrimireihe sprudelt nur so an Situationskomik und so habe ich auch dieses Mal wieder mit einem Dauergrinsen im Gesicht, das nur von lauten Lachern und ab und an auch mal Gänsehaut, weil es so spannend war, unterbrochen wurde. Schräge Charaktere, wie z.B. Steineguru Rainer, der die Truppe Steinflüsterer in esoterischen Höhen schweben lässt, oder eine Helikoptermutter, die es vielleicht einmal mit vegan kiffen, satt vegan essen versuchen sollte, lassen einen herzhaft lachen. Mit den unzähligen schräg, lustigen Szenen hatte ich herrliches Comedy-Kopfkino. Eines meiner Highlights ist hier sicher das Schwitzhüttenritual. Spitze, pointierte und witzige Dialoge runden das Gute-Laune-Gesamtpaket ab.
Aber hier geht es nicht nur lustig zu, sondern der Fall ist auch spannend von Anfang an. Man kann als Leser super viel rätseln und kombinieren, da aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird. Die Kids haben so allerlei mit ihren Handys gefilmt, die Polizei ermittelt und damit es nicht zu einfach wird, wird zusätzlich noch nach einer Geldkassette gesucht. Hat die auch etwas mit dem Mord zu tun? Zahlreiche Verdächtige, falsche Alibis, weitere Entwicklungen, der Autor legt ständig nach, sodass der Fall einen richtig mitreißt und sich der Nebel bei den Ermittlungen wirklich erst am Ende mit dem auf Amrum legt.
Krischan Koch lässt bei seinen Charakteren, die er ins Rennen schickt, seiner großen Kreativität freien Lauf und einer ist origineller und liebvoller erschaffen, als der nächste. Ich habe mich riesig über ein Wiedersehen mit der Stammbesetzung um Thies, den Inselpolizisten, und Antjes Imbissbudenrunde von der" Hidden Kist", samt Postboten Klaas, Bounty, Schimmelreiter und Piet Paulsen, gefreut. Welch ein Glück auch, dass die gesamte Truppe, einschließlich Hund Susi ebenfalls mit nach Amrum darf. Ganz klar dürfen auch die Zwillinge Tadje und Telje nicht fehlen, auch wenn denen natürlich ganz schön peinlich ist, dass der Papa ständig aufschlägt. Nicole Stappenbeck von der Mord Zwei reist mit ihrem Sohnemann Finn an, der die Imbissbudentruppe gehörig auf Trapp hält. Auch alle Nebendarsteller, die für diesen Fall angeheuert sind, sind einfach nur zu genial. So muss z.B. die nervige Elternvertreterin Frau Lammers-Lindemann, erst einmal von Steineguru Rainer durch "integrale Gefühlsarbeit" beruhigt werden. Marcel, der Skyte Profi, muss überprüfen, ob Seepferdchen Tattoo, Krap arround Sonnenbrille, Hawaii Bermudas und Wilderness-Survival-Shirt wirklich halten was sie versprechen. Ein richtiges Highlight ist auch der Papagei Käptn Flint, ohne dessen super Kommentare, wäre es im "Zum Lustigen Seehund" nur halb so gut gewesen.
Lokalkolorit vom Feinsten ist hier außerdem gegeben. Der einjährige Finn wird schon auf frische Krabbenbrötchen eingeschworen, die raue See bei der Überfahrt habe ich fast auf meinem Sofa gemerkt und plötzlich eintretender Nebel, der sich über die Dünen legt, hat mir fast den Blick auf die Zeilen genommen. Ich hatte beim Lesen das Gefühl live dabei sein zu dürfen. Immer wieder darf auch einer in Dialekt plappern und dass der HSV der Verein des Nordens, der Imbissbudentruppe und des Autors sein muss, ist ebenfalls nicht zu übersehen.
Krischan Koch schickt hier die 10a auf Klassenfahrt, auch diese besondere Atmosphäre hat er gelungen eingefangen. Die Teenies haben ihre eigene Jugendsprache, in der Klasse gibt es Mobbing, der junge attraktive Referendar wird angehimmelt und ganz klar ist keiner ohne sein Handy überlebensfähig.
Alles in allem muss jeder Krimileser, der gerne auch mal lacht, "Backfischalarm" ganz dringend gelesen haben. Achtung Suchtgefahr und begeisterte 5 Sterne.