In dem neuen Roman von Maja Lunde bleibt die Zeit stehen. Die Autorin entwirft ein interessantes Gedankenkarussell, das den Leser ähnlich aus die gewohnte Bahn wirft, wie Corona das gemacht hat.Mir hat der Roman, in dem niemand mehr altert oder stirbt, Babys nicht geboren werden und Krankheiten zum Stillstand kommen, gut gefallen. Anhand verschiedener Personen erzählt Maja Lunde, welche individuellen und gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen dieser Stillstand hat. Mit jedem neuen Kapitel erweitert sich die Perspektive auf das Thema. Der Roman beginnt mit der todkranken Fotografin Jenny, die plötzlich keine Metastasen mehr hat. Doch schon nach kurzer Zeit kann sie sich gar nicht so recht auf die gewonnene Zeit mit ihrer Familie freuen. Sie geht lieber arbeiten und fotografiert Alltagsituationen. ¿In allen Motiven lag ein Schmerz, derselbe Schmerz, nach dem sie früher schon auf ihren Reisen in die Kriegsgebiete gesucht hatte. Sie war einzigartig darin, den Schmerz der anderen festzuhalten.¿ (S. 227)Der Rentner Otto möchte nicht in eine Wohnung ziehen oder mit seiner Frau Margo neue Orte erkunden und reisen. Er sieht die Natur als einzigen Ort an, an dem er Antworten auf das Leben finden kann. Und Philip, der es nie leicht gehabt hat, verspürt eine tiefe Unruhe und Unsicherheit. Die anfängliche Freude über die gewonnene Zeit führt irgendwann zu Ratlosigkeit und Stagnation. Es kommt zu Gewaltausbrüchen und Verschwörungstheorien.Meine Leseempfehlung für ein faszinierendes und beklemmendes Leseerlebnis, das zum Nachdenken über Zeit, Vergänglichkeit und den Wert des Lebens anregt.