Ich bin mal wieder auf eine hymnische Rezension der Süddeutschen Zeitung reingefallen. Ein Briefroman, hieß es, das klang verheißungsvoll, weil romantisch-zartfühlend; eine Beziehung zwischen einer Mann und einer Frau baue sich auf und werde kunstvoll geschildert, das lies auf eine feine psychologische Entwicklung hoffen. Doch nach spritzigen Einstiegsszene ¿ das Paar lernt sich beim Empfang des Bundespräsidenten kennen ¿ ist die Lektüre über weite Strecken unerfreulich: Der Briefwechsel zwischen dem Schriftsteller (im Buch) und der Theologin entpuppt sich als prätentiöses Geschreibsel eines Schriftstellers (in der Realität), der sich auch als Buchfigur viel zu Ernst nimmt, inkl. seiner Zufallsbekanntschaft, die zu einer schicksalhaften Begegnung umgedeutet wird und kitschig endet ¿ wo sich Walser doch so um Subtilität bemüht. Spätestens in der Mitte wissen wir: Der Schriftsteller im Buch ist ein geifernder Geck, dem es nur auf die Bestätigung seiner selbst durch die Eroberung ankommt. Allein schon die Namen: Basil Schupp nennt Walser seine Hauptfigur, Korbinian den Gatten der Theologin. Das fand ich ungeheuer geschraubt. Dann die Stabreime: Ludwig und Luitgard heißen zwei weitere Personen. Dann der Stil: Das ¿Nicht-Wollende¿, die ¿Nichterschienenen¿ (statt Ferngebliebenen) oder das ¿In-die-Luft-gestellt-sein¿ und andere gestelzte Worthubereien, die Tiefgründigkeit anzeigen sollen, aber nichts als Eitelkeit des Autors offenbaren. Das Buch überzeugt weder psychologisch noch stilistisch. Alltägliches wird überhöht, der Zufall mit Bedeutung aufgeladen, das Verhältnis zwischen einem Mann und einer Frau stilisiert. Das ist verkrampft, verkopft, gekünstelt und unglaubwürdig. Bleibt als positiver Aspekt, dass Walser ein, zwei schöne Metaphern gelingen. Das ist zu wenig!