"Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull¿ ist ein Spätwerk von Thomas Mann. Mann orientiert sich in seinem letzten Roman an der Memoirenliteratur: Der titelgebende Protagonist erzählt aus der retrospektiven Ich-Perspektive mit einem süffisanten Ton Stationen seines Lebens. "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull¿ begleitete Thomas Mann (mit großen Unterbrechungen) vierzig Jahre lang - was man dem Werk sprachlich auch anmerkt. Gerade die ersten Bücher sind extravagant, sehr verschnörkelt und galoppierend erzählt; Hypotaxen und Parataxen reihen über Zeilen hinweg aneinander, sodass vergleichsweise komplexe (aber wohlgeformte!) Sätze entstehen. Im Laufe der Lektüre reduziert sich diese Komplexität merklich; die Sätze sind zwar immer noch wohlgeformt, allerdings nicht mehr so verschnörkelnd (wodurch sich der Roman, ehrlich gesagt, auch besser lesen lässt). Inhaltlich lebt das gesamte Werk durch das Faszinosum Krull. Krull ist ein Tausendsassa, der sich mit viel Witz durch das Leben schlägt. Zu Beginn macht ihn das sympathisch - z. B. wenn er erzählt, wie er seine Eltern hinters Licht führt, um nicht zur Schule zu müssen, oder wie er der Obrigkeit ein Schnippchen schlägt, als er sich dem Militärdienst entzieht (die Musterungsszene ist wirklich ein Highlight des Romans!): Kurz: Krull, ein liebenswürdiger Schelm, der es den Autoritäten so richtig zeigt. Je weiter die Handlung voranschreitet, desto unsympathischer wirkt er allerdings. Krull, der keine Ausbildung abgeschlossen hat und mehr Glück als Verstand besitzt, erscheint immer stärker als Blender, der irritierenderweise scheinbar mit allem durchkommt und dies gottgegeben ansieht. (Nebenbei bemerkt: Ob der im Titel sog. Hochstapler Krull bei seinen Memoiren tatsächlich immer bei der Wahrheit bleibt, wie er zu Beginn des ersten Buches versichert, mag man bezweifeln dürfen. Bisweilen erscheinen seine Erlebnisse überspitzt erzählt, oft besitzt er lediglich Halbwissen, das er zu überdecken sucht, sodass Krull auch Züge eines unzuverlässigen Erzählers besitzt - inwieweit er unzuverlässig berichtet, muss aber offen bleiben, da eine korrigierende Instanz innerhalb des Romans fehlt). Am Schluss des 1954 veröffentlichten Romans, "der Memoiren erster Teil¿, erscheint Krulls Lebensweg - mit kleineren Abstrichen - als Erfolgsgeschichte. Leider starb Thomas Mann, bevor er den zweiten Teil schreiben konnte. Aus Notizen Manns, die grob die Handlung des zweiten Teils skizzieren, wird allerdings deutlich, dass der Stern Krulls sinken wird. Dass diese Fortsetzung nie erschien, ist aus zweierlei Gründen bedauerlich: Einerseits erscheinen die Bekenntnisse Krulls unvollständig, andererseits ist es dadurch schwierig, den Tausendsassa tiefenschärfer umgreifen zu können, da offen bleibt, mit welchem Ton er die Momente des Scheiterns darlegt. Insgesamt ist "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull¿ ein süffisant erzählter Roman mit einem packenden Protagonisten, der unabhängig davon, wie man ihn letztlich beurteilen möchte, Eindruck hinterlässt.