Merkwürdiger, aber intensiver Roman
Puh! Ohne jede Frage ein intensives Leseerlebnis verschiedener Facetten. Die mehreren Teile fühlen sich an wie verschiedene Bücher. Mit Abstand gefallen hat mir der erste, in dem, über gut die Hälfte des Buches, aus verschiedenen Perspektiven von einem Tag im Jahre 1935 berichtet wird. Die Probleme, Eigenschaften, Unsicherheiten und Unzulänglichkeiten der einzelnen Personen vermischt sich mit der (aus heutiger Sicht) gestelzten Atmosphäre des wohlhabenden, britischen Landlebens, der Schwüle des Klimas und der morbiden Schönheit des Settings (ein Anwesen ursprünglich aus dem 18.Jahrhundert). Am Ende hat man das Gefühl, ohne jede Verurteilung jeden der Protagonisten intim zu kennen.Teil 2 spielt in der französischen Ebene vor Dünkirchen, 1940, Rückzug der britischen Truppen. Auch dieser Teil ist intensiv, macht nachdenklich, erweitert den Blick vom individuellen Schicksal einzelner hin zur großen Sinnlosigkeit der Kriegs und (vielleicht) auch des Lebens an sich.Mit dem dritten Teil (Brionys Sicht auf den Krieg als Krankenschwester im Leben) und ihr (kommunikativ unzureichender) Versuch, mit ihrer Schwester Frieden zu schließen, bin ich dann schon weniger warm geworden, ganz zu schweigen von dem letzten, 1999 spielend, in welchem die 77-jährige, beginnend demente Briony auf ihr Leben zurückblickt.Ein seltsames Buch, dessen Lektüre dennoch lohnt.