Seitdem ich vor einer Weile zufällig die englischsprachige Ausgabe dieser Memoiren auf Bookstagram entdeckt hatte, wusste ich, dass ich das Buch auf jeden Fall lesen möchte. Seit jeher bin ich vom Mythos Elvis Presley fasziniert (und ärgere mich noch immer, dass sich während meiner Zeit in den USA kein Graceland-Besuch ausgegangen ist.)Wer war Lisa Marie Presley? Tochter von Elvis und Priscilla, klar. Zwischenzeitlich verheiratet mit Michael Jackson - wenn ich mich recht entsinne, gab es damals sogar ein gemeinsames Musikvideo ("You are not alone"). Und sonst... ? Ich gebe zu, dass diese paar Eindrücke so ziemlich alles zusammenfassen, was ich vor der Lektüre dieses Werkes über Lisa Marie wusste. Und die Tatsache, dass ihre Augen in jeder Aufnahme, die ich je von ihr gesehen habe, einen ungemein traurigen Ausdruck hatten."Sie fand sich selbst nicht interessant, obwohl sie das natürlich war. Sie sprach nicht gern über sich selbst. Sie war unsicher. Sie wusste nicht, welchen Wert sie für die Öffentlichkeit hatte, außer Elvis' Tochter zu sein. Sie war so sehr von Selbstkritik geplagt, dass ihr die Arbeit an dem Buch unglaublich schwerfiel." (Riley)Dieses Buch hat mich gleichermaßen berührt wie nachdenklich gemacht. Es ist keine einfache Lektüre, kein weichgespülter Rückblick, sondern eine intime, rohe und oftmals erschütternde Begegnung mit zwei Stimmen: der von Lisa Marie Presley (Ton: stark, direkt, ungeschönt, manchmal regelrecht hart) und der von Riley Keough, die mit ihrer feinfühligen, melancholischen Sprache voller Liebe und Schmerz auf ihre Mutter blickt."Wer ihr je begegnet ist, erlebte eine Naturgewalt - Leidenschaft, Geborgenheit, Loyalität, Liebe und die tiefe Verbundenheit mit einer unglaublich starken spirituellen Kraft. Die spirituelle Kraft, die mein Großvater besaß, floss zweifellos auch in den Adern meiner Mutter. Wenn man mit ihr zusammen war, konnte man das spüren." (Riley)Diese Gegenüberstellung macht das Buch so besonders - Lisas eher umgangssprachliche, saloppe, 'frei nach Schnauze'-Erzählweise, die keine Umwege kennt, trifft auf Rileys reflektierte, von Trauer und Zuneigung durchdrungene Perspektive. Nichtsdestotrotz spürt man in beiden Texten: Hier schreiben Mutter und Tochter in einem Dialog über Leben, Verlust, Liebe und Schmerz."Meine Mutter selbst fühlte sich prinzipiell kaputt, nicht liebenswert, nicht schön. Sie hatte das tiefsitzende Gefühl, wertlos zu sein [...]. Meine Mutter war ein unglaublich komplizierter und äußerst missverstandener Mensch." (Riley)Sehr gelungen finde ich auch die fotografische Gestaltung, denn im Werk enthalten sind einige berührende Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die das Gelesene visuell untermalen. Auch das Cover selbst - eine ausdrucksstarke Farbfotografie passt perfekt zum Genre. Was mir hingegen weniger gut gefallen hat, war die nicht ideale Abgrenzung der Erzählstimmen. Zwar sind für die zwei Perspektiven unterschiedliche Schriftarten verwendet worden, diese wirkten auf mich persönlich jedoch optisch zu ähnlich. Ich hätte klare Namensüberschriften wie "Lisa Marie" oder "Riley" bevorzugt, aber das ist natürlich Geschmackssache. Inhaltlich ist das Buch voller intensiver und teils kaum zu ertragender Passagen. Lisa wirkt in der Beschreibung ihrer Jugendzeit oftmals tough, manchmal auch unsympathisch, mit Allüren und einem Diva-Gehabe, das man schwer entschuldigen kann. Aber gleichzeitig begreift man auch, wie einsam und zerrissen ihr Aufwachsen war - zwischen der Vergötterung ihres Vaters Elvis und einer distanzierten, ungeliebten Mutter Priscilla. Speziell das nachfolgende Zitat bewegte mich sehr, nicht nur aus Sicht eines Kindes, das sich von ihrer Mutter nicht geliebt fühlte, sondern auch im Hinblick auf Lisa Maries Entwicklung aufgrund dieses Schmerzes."Meine Mutter erzählte mir mal, dass sie darüber nachgedacht hatte, sich vom Pferd fallen zu lassen, um eine Fehlgeburt her-beizuführen. Sie wollte keine Schwangerschaftspfunde. Sie dachte, das würde ihr als Elvis' Frau nicht gut zu Gesicht stehen. Es waren so viele Frauen hinter ihm her, und alle wunderschön. Sie wollte seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Sie war so erschrocken darüber, schwanger zu sein, dass sie zunächst nur Äpfel und Eier aß und nicht viel zunahm. Ich ging ihr von Anfang an auf die Nerven und hatte immer das Gefühl, dass sie mich nicht wollte. Ich glaube an vorgeburtliche Energie, also spürte ich vielleicht bereits ihre Vibes, als sie früh versuchte, mich loszuwerden. Schließlich entschied sie sich zwar, mich zu behalten, aber damals hatte sie keine großartigen Muttergefühle. Wahrscheinlich ist es das, was mit mir nicht stimmt." (Lisa Marie)Mutterliebe sieht definitiv anders aus. Interessanterweise weckte gerade diese durchwegs negative Darstellung Priscilla Presleys allerdings meine Neugier, auch einmal mehr über ihre Sicht zu lesen. Ich werde mich auf jeden Fall nach Literatur zu ihrem Leben umschauen. Unglaublich spannend empfand ich die Passagen über Lisa Maries Ehe mit Michael Jackson. 'Unterhaltsam' wäre das falsche Wort, aber ich habe diese Einblicke gerne gelesen, weil sie nochmal eine andere, überraschende Seite gezeigt haben.Am meisten ergriffen haben mich die Passagen, in denen Riley von ihrer Liebe zu ihrer Mutter spricht, von ihrer Trauer nach Lisa Maries Tod und von dem unermesslichen Schmerz um ihren Bruder Ben, der sich das Leben nahm. Es ist kaum in Worte zu fassen, wie sehr diese Familie, die in aller Welt berühmt ist, von Leid geprägt war. Und dennoch liest man in Rileys Worten immer wieder diese tiefe, unerschütterliche Liebe zu ihrer Mutter.Für Lisa Marie empfinde ich rückblickend aufrichtiges Mitgefühl. Ja, sie hatte eine außergewöhnliche Kindheit, viele Privilegien ... musste jedoch auch unglaublich viel Schmerz ertragen und bittere Enttäuschungen erleben. So was prägt einen Menschen, leider. "Tief in ihrem Herzen hatte sie Graceland nie verlassen, hatte sich nach dem Tod ihres Vaters emotional nicht weiterentwickelt. Sie war sich bewusst, wie sehr sie sich Freunde wünschte, aber nach fast vierzig Jahren ständiger Enttäuschungen - Leute, die sie an die Presse verkauften, Leute, die unverantwortlich mit ihrem Geld umgingen, Leute, die aus den falschen Gründen ein Date mit ihr wollten - lautete die Lehre, alle Menschen aus ihrem Leben auszuschließen und nicht zurückzublicken." (Riley)¿¿¿¿¿:Keine auf Glamour getrimmte, romantisierte Story, sondern die ungemein menschliche, ungeschönte Geschichte einer Frau, die ihr Leben lang auf der Suche war nach Liebe und Rückhalt. Klare Empfehlung für Presley-Interessierte.