Dieser 500 Seiten starke Roman enthält einige gute Ideen für eine generationenübergreifende dramatische Familiengeschichte, jedoch ist seine Handlung öfter nicht logisch nachvollziehbar.
Ein paar Beispiele:
Wieso sollten zwei siebzehnjährige Mädchen der Jetztzeit, die darauf brennen, zu erfahren, was ihre Mutter angestellt hat, jahrelang auf deren Entlassung warten, um es von ihr selbst zu hören? Die Mädchen leben nicht isoliert von den sozialen Medien, und sie werden von ihrer Umgebung doch ständig daran erinnert, dass mit ihrer Familie etwas nicht stimmt. Was liegt da näher, als es selbst herauszufinden? Alles andere wirkt verkrampft und unglaubwürdig.
Dann die Verurteilung der Mutter zu 40 Jahren Haft, weil sie für eine RAF-Anhängerin gehalten wurde. Hat man jemals von einer Terroristin gehört, die bei der Bergung ihrer Opfer hilft und damit ihre Verhaftung riskiert? Ich jedenfalls nicht. Und dass ein Gericht diesen Einsatz mit keinem Wort würdigt, ist auch nicht realistisch.
Schließlich der Besuch einer der Überlebenden im Gefängnis, die über Jahrzehnte damit droht, den unbehelligten Anstifter zu verraten, sollte die Mutter einen Antrag auf vorzeitige Entlassung stellen. Die Mutter geht auf die Erpressung ein, aber in einem letzten Gespräch sagt sie, sie habe die ganze Zeit gewusst, dass die andere schon mehrmals bei der Polizei war. Für mich geht logisch anders.
Was mich regelrecht geärgert hat, ist die Verbohrtheit, mit der die Frauen in dieser Familie immer wieder in ihr Verderben rennen. Sie wirken wie aus Holz geschnitzte Marionetten und nicht wie lebendige sich entwickelnde Menschen. Ich konnte für keine der Personen Sympathie oder Verständnis entwickeln.
Auch sprachlich hat mich der Roman nicht überzeugt. Den Schreibstil habe ich trotz seiner Einfachheit als sperrig empfunden. Der ständige Wechsel zwischen mehreren Zeitebenen ist zwar gerade Trend, für mich stört er den Erzählfluss jedoch in hohem Maß.