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Reise nach Laredo

Roman

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Was bleibt, wenn man nicht mehr ist, was man ein Leben lang war? Der neue große Roman von Arno Geiger über das, worauf es im Leben wirklich ankommt: die Freundschaft, die Liebe und das Loslassen

"In jedem Menschen steckt ein zurückgetretener König." Karl hat sich in ein abgelegenes Kloster in Spanien zurückgezogen. Er ist krank und wartet auf sein Ende. Doch dann begegnet er dem elfjährigen Geronimo, und gemeinsam beschließen sie, davonzureiten, nachts, auf Pferd und Maulesel. Sie geraten in wilde Abenteuer, finden Weggefährten auf dem Weg nach Laredo. Karl lernt kennen, was er trotz Macht, Ruhm und Reichtum bisher nicht hatte: Freundschaft, Liebe, Unbeschwertheit und die Freiheit, die es bedeutet, nur im Moment zu leben. "Reise nach Laredo" ist ein fantastischer, magischer Roman über das Loslassen, über das, worauf es im Leben ankommt - und vor allem eine mitreißende Geschichte.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
19. August 2024
Sprache
deutsch
Seitenanzahl
272
Autor/Autorin
Arno Geiger
Verlag/Hersteller
Produktart
gebunden
Gewicht
366 g
Größe (L/B/H)
205/127/28 mm
ISBN
9783446281189

Portrait

Arno Geiger

Arno Geiger, 1968 geboren, lebt in Wien. Sein Werk erscheint bei Hanser, zuletzt "Alles über Sally" (Roman, 2010), "Der alte König in seinem Exil" (2011), "Grenzgehen" (Drei Reden, 2011), "Selbstporträt mit Flusspferd" (Roman, 2015), "Unter der Drachenwand" (Roman, 2018), "Der Hahnenschrei" (Drei Reden, 2019) und "Das glückliche Geheimnis" (2023). Er erhielt u. a. den Deutschen Buchpreis (2005), den Johann-Peter-Hebel-Preis (2010), den Hölderlin-Preis (2011), den Literaturpreis der Adenauer-Stiftung (2011), den Joseph-Breitbach-Preis (2018), den Bremer Literaturpreis (2019), den in den Niederlanden vergebenen Europese Literatuurprijs (2019) und den Rheingau Literatur Preis (2023).

Pressestimmen

Eine wundersame Erzählung über das Sterben Dieses Bild vom Menschen kurz vor seinem Tod, dieses Traumbild, ja dieses Wunschbild vom Sterben wird bleiben. Eberhard Rathgeb, Die Zeit, 22.08.24

Eine große Parabel auf die Suche nach dem Sinn des Lebens, den es nicht gibt. Doch das Leben gibt es wenn auch nur als letzte Phantasie eines Sterbenden ... Geiger findet für all das eine Sprache und große Gedanken, die umstandslos im Staub versinken. Ein literarisches Meisterwerk. Jörg Magenau, rbb radio3, 20.08.24

Arno Geiger bezaubert mit seinem neuesten Roman Reise nach Laredo` [ ] Wir haben hier nicht nur mit einer Geschichte über Selbstfindung und Verantwortung zu tun. Nein, dieser literarische Entwurf vermittelt uns auch die Einsicht in die Undeutbarkeit und Undurchsichtigkeit der Welt. Der Freitag, Björn Hayer, 29.08.2024

Erzählt ist das meisterlich, man wird kaum ein Beispiel für eine ähnlich geglückte Durchdringung zweier so gelagerter Erzählebenen finden. Tilman Spreckelsen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.08.24

Arno Geiger ist mit Reise nach Laredo` einmal mehr ein literarischer Wurf voller Überraschungen gelungen Herzergreifend, mitreißend und beglückend. Felix Münger, SRF2 Kultur, 21.08.24

Mit großer Empathie dringt Arno Geiger in die träumerisch-abdriftenden Gedankenströme seines Protagonisten vor. Eine Selbstfindungsgeschichte, die mitreißt. Thore Rausch, Süddeutsche Zeitung, 28.08.24

Das ist der Stoff, aus dem die besten Western gemacht sind. Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau, 20.08.24

Besprechung vom 20.08.2024

Gibt es ein richtiges Sterben im falschen?
Letzte Ausfahrt Mittelmeerküste: Arno Geigers schillernder Abschiedsroman "Reise nach Laredo"

Als sie ins Gespräch kommen, der alte Mann und der elfjährige Page, sprechen sie auch über Langeweile in dem abgelegenen nordostspanischen Klosterbezirk, in dem sie beide wohnen. "Vielleicht sollten wir gemeinsam durchbrennen", schlägt der alte Mann vor. Und trifft gleich eine Verabredung: "Um Mitternacht, zwei Pferde bei der unteren Gartenpforte." Dass das kaum ernst gemeint ist, macht sein Nachsatz klar: "Das Davonlaufen verlangt die Mitarbeit des Körpers, und mein Körper ist, befürchte ich, nicht geneigt, diese Mitarbeit zu leisten."

Der Page Geronimo, der nicht ahnt, dass sein Gegenüber, der abgedankte Kaiser Karl V., zugleich auch sein leiblicher Vater ist, sieht dessen Hinfälligkeit natürlich - und auch den Lesern von Arno Geigers neuem Roman "Reise nach Laredo" teilt sie sich mit, denn gleich zu Beginn des Buches steht eine Szene, die den greisenhaften Körper Karls in all seiner schmerzhaften Schwäche ausstellt. Aber, auch das steckt in den Worten des Monarchen, in dessen einstigem Reich sprichwörtlich "die Sonne nicht unterging": Wenn denn der Körper beim Davonlaufen nicht mitarbeiten will, gibt es vielleicht eine andere Instanz, die bereitwilliger ist?

Arno Geiger macht kein Geheimnis um das Verhältnis zwischen dem Teil der Handlung, der im Präsens den sterbenskranken Ex-Kaiser im Herbst 1558 schildert, und einem zweiten, der im Präteritum von Karls heimlicher Flucht erzählt, auch wenn er den Wechsel, abgesehen von der Tempus-Änderung, nicht ausbuchstabiert. Auf eine Szene, die vom mühsam ins Bett bugsierten Greisenkörper Karls berichtet und davon, dass er sich mit der Opiumtinktur Laudanum betäubt, folgt eine zweite, die das nächtliche Zusammentreffen von Karl und Geronimo schildert. Der Junge hat ein Pferd und ein Maultier besorgt, die sie nun vom Kloster Yuste zur Küstenstadt Laredo bringen, dem Ziel, das der abgedankte Monarch sich und seinem Begleiter gesetzt hat: "Ich bin ein sterbender Mann mit Angst vor der Dunkelheit", sagt Karl. "Komm, hilf mir aufs Pferd."

Es ist ein literarisches Verfahren, das an Texte wie Ambrose Bierces Kurzgeschichte "Ein Vorfall an der Owl-Creek-Brücke" oder Arno Schmidts Erzählung "Gadir" erinnert: Für einen Sterbenden dehnt sich die Zeit so weit aus, dass in den eigentlich kurzen Moment - bei Bierce ist es das Fallen eines Mannes, der gehenkt wird - die Vision einer viele Tage umfassende Reise passt, bis ganz am Ende des Textes beide Erzählebenen wieder zueinander finden. Es bleibt das Erstaunen des Lesers über das plötzlich zugängliche reiche Innenleben einer Figur, die von außen betrachtet gerade vor seinen Augen verlischt.

Im Fall des sterbenden Monarchen beginnt die Reise, die sich über mehrere Monate hinziehen wird, mit der kürzesten Etappe. Sie reicht von der Begegnung an der Klostermauer bis zu einem neuen Treffen wenig später in der Dunkelheit, als Karl und Geronimo auf ein hilflos schreiendes nacktes Mädchen stoßen. Ihr Begleiter, der sich später als ihr Bruder Honza herausstellt, wird ganz in der Nähe von einigen Männern gefoltert, weil sie ihn um den Lohn für eine Fuhre Holz bringen wollen. Karl geht dazwischen, er zieht Pistolen, die ihm überraschenderweise am Gurt hängen, bringt einen Schuss so treffsicher an, dass er damit die Schurken in die Flucht schlägt, und verhilft nun dem Geschwisterpaar zu einer Zuflucht in der Hütte einer Heilerin, damit sich die Wunden auf Honzas schlimm misshandeltem Rücken schließen können.

Karl, der praktischerweise eine gut gefüllte Geldbörse bei sich hat und allmählich wieder leidlich die Herrschaft über seinen Körper zurückerlangt, nimmt den geheilten Honza und seine Schwester Angelita in seinen Dienst. Sie sollen Geronimo und ihn mit ihrem Fuhrwerk ans Meer bringen. Ihr Weg führt sie über die Berge und zu einer im Niedergang befindlichen Silberbergwerkstatt, wo sie sich im Gasthaus eines fragwürdigen Wirts einquartieren, das sie nur unter schmerzlichen Opfern wieder verlassen können. Schließlich gelangt die dezimierte Reisegesellschaft tatsächlich nach Laredo und an den Strand. Der abgedankte Kaiser, der zu Beginn des Romans noch so mühsam in den Wasserzuber gebracht werden musste, zieht sich nun mühelos aus und wirft sich in den Atlantik.

Dass der historische Karl V. 1556 seine Machtposition aufgab und sich ins Kloster zurückzog, nimmt Geiger auf und begründet es für seine Romanfigur mit dem Drang, sich über die eigene Person klar zu werden. Damit wird Karl auch für die Leser relevant. Wer nur noch einen kurzen Lebensweg vor sich sieht, wird eher dazu neigen, Bilanz zu ziehen, und Karl, von dem es heißt, er sei im Lauf seiner Herrschaft "nach außen hin mächtiger, nach innen schwächer" geworden, wendet die Frage nach der Essenz seines Daseins immer neu, ohne einer Antwort auch nur näher zu kommen. Was ihm in dieser visionären Reise aber deutlich wird, ist die Distanz, die er ein Leben lang zu seiner Umgebung eingenommen hat, und die Gestalten, die er sich als Begleiter erschaffen hat - Geronimo, Honza, Angelita -, führen ihm das vor Augen, was ihm in dieser Hinsicht gefehlt hat. Und die Schilderung, wie er sich schließlich mit ihnen versöhnt und von ihnen angenommen fühlt, gehört zum Schönsten, das dieser Roman bereithält.

Unbeschwert aber ist das alles nicht, im Gegenteil. Dass er seinem Tod entgegengeht, ist Karl auch in diesem längeren Gedankenspiel immer klar, er reagiert darauf mit Fatalismus oder auch mit Tatendrang, was nicht zuletzt davon abhängt, welche Empathie er für seine Umgebung aufzubringen vermag. Das Bewusstsein für sein Ende speist sich aus den Reden der Heilerin, die ihm jede Hoffnung nimmt, aus Namen wie dem der unterwegs besuchten Totenstadt, die sie passend mit ihrem Friedhof empfängt, oder auch mit Symbolen wie Hühnerknochen, die das Schild des Wirtshauses bilden, vom wehenden Staub, den kreisenden Geiern oder den allgegenwärtigen Mäusen zu schweigen. Als kleiner Junge hörte Karl, dass die Nager sich von den Zehen schlafender Kinder ernähren. Jetzt holt ihn diese Angst ein.

Erzählt ist das meisterlich, man wird kaum ein Beispiel für eine ähnlich geglückte Durchdringung zweier so gelagerter Erzählebenen finden. In der Schilderung der Reise verweist immer wieder etwas subtil auf den in seinem Klosterbett dahindämmernden Kaiser, und sei es, dass sich der reitende oder fahrende Mann an den schmerzenden Körper erinnert. Was seine Vision in der Realität angeregt hat, wird dezent dargestellt, ohne dass dieser Bezug übermächtig würde. Geiger, dessen Werk schon mehrfach den Bereich des Machtverlusts am Lebensende erkundet hat, lässt den Kaiser im Exil zu einem Jedermann werden und nimmt ihm dabei keinen seiner individuellen Züge.

Äußerlich stirbt Karl, umgeben von so vielen Angehörigen seines Hofes, in großer Einsamkeit. Innerlich sieht es anders aus. Und immerhin bringt sein Sterben auch in seiner realen Umgebung einiges in Bewegung. "Ich müsste mir ein Herz fassen", sagt einer seiner Begleiter, "ich weiß gar nicht mehr, wie es ist, wenn man sich ein Herz fasst." Karl weiß es nun, und sicher noch rechtzeitig. TILMAN SPRECKELSEN

Arno Geiger: "Reise nach Laredo". Roman.

Hanser Verlag, München 2024. 272 S., geb.,

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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Von Klaus Berg am 02.09.2024

Die Weggefährten

Der ehemalige König Karl lebt nach seinem Rücktritt im Kloster Yuste in Spanien und wartet auf seinen Tod. Er fühlt sein Dahinsiechen und bereitet sich darauf vor, umgeben von einem Arzt, einem Abt und Mägde und Knechte, die sein Leben unterstützen. Außerdem ist da noch Geronimo, sein unehelicher Sohn, der allerdings nichts von dem Verwandtschaftsverhältnis weiß. Der kleine Geronimo ist ein gewisses Lebenselixier für Karl und die beiden verabreden nach Laredo aufzubrechen. Auf der Reise treffen sie Hanzo und seine Schwester Angelita. Diese Weggefährten machen sich auf den beschwerlichen Weg und erleben einige Abenteuer, aber auch das Leben. Es ist ein interessanter Roman den Arno Geiger mit der Reise nach Laredo anbietet. Wo ist denn dieses Laredo habe ich mich während des Lesens immer wieder gefragt. Aber ich glaube dieses Laredo ist in jedem Menschen. Hier ist es nun der sieche Karl, der mit seinen jungen Weggefährten aufbricht, um wieder einmal das Leben zu spüren. Karl weiß, dass er bald sterben muss und so macht er sich still und leise auf den Weg und wie bezeichnend mit seinem Sohn. Auch die Weggefährten, die Geschwister Honza und Angelita, bereichern mit ihrer Anwesenheit seinen letzte Lebensweg durch die Einöde. Doch sie lassen Karl noch einmal das Leben spüren auf ihrem Weg. Das Cover drückt diesen Weg durch die Einöde wunderschön aus. Man ist dort alleine mit sich und seinen Gedanken. Das ist es, was Karl nun spürt. Ja, er weiß, dass sein Leben zu Ende geht, aber er möchte noch einmal ausbrechen aus seinem Korsett im Kloster Yuste. Und er lernt noch einiges von seinen jungen Begleitern und das lässt ihn dann auch am Ende in Ruhe gehen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Reise stattgefunden hat oder nur im Kopf von Karl sich abspielt. Aber wo auch immer, ich finde es ein gutes Beispiel dafür ab und zu mal auszubrechen aus den eingefahrenen Wegen und auch mal zu seinem eigenen Laredo aufzubrechen. Ein sehr interessantes Stück Literatur ist dieses Buch schon und es lohnt sich zu lesen.
Von André Keil am 02.09.2024
Zuallererst wollte ich das Buch haben, weil ich von Arno Geigers Sprachwahl so beeindruckt bin. Das wunderschöne Cover, das sich aufgeklappt zu einer Darstellung der Reise nach Laredo entfaltet, hat mich ebenfalls begeistert. Inhaltlich muss man schon ziemlich mitdenken, aber die Botschaft ist denke ich relativ klar. Der frühere König Karl hat sich krank und hilflos in ein Kloster in Spanien zurückgezogen, wo er auf sein Ende wartet. Dort begegnet er seinem unehelichen elfjährigen Sohn Geronimo. Gemeinsam fassen sie den Entschluss, das Kloster zu verlassen und eine Reise zu unternehmen, die voller Überraschungen und befreiender Momente ist. Arno Geiger beeindruckt einmal mehr mit seiner poetischen und einfühlsamen Sprache. Seine Bücher sind ein wahrer Genuss leicht zu lesen, berührend und einfach gut. Besonders "Reise nach Laredo" empfinde ich als sehr persönlich, da es sich mit den wichtigen Dingen im Leben auseinandersetzt. Diese Geschichte hat mich tief bewegt und zum Nachdenken angeregt. Viele versteckte Bilder und Metaphern fordern dazu auf, bewusster im Hier und Jetzt zu leben und mit Achtsamkeit und Freude am Leben teilzunehmen. Nichts für kurzweiliges Leser, hier benötigt man schon etwas mehr Zeit und Tiefgang.