Herzzerreißender Roman über die Schönheit der Natur - gepaart mit einem Kriminalfall
Inhalt: Chase Andrews stirbt, und die Bewohner der ruhigen Küstenstadt Barkley Cove sind sich einig: Schuld ist das Marschmädchen. Kya Clark lebt isoliert im Marschland mit seinen Salzwiesen und Sandbänken. Sie kennt jeden Stein und Seevogel, jede Muschel und Pflanze. Als zwei junge Männer auf sie wilde Schöne aufmerksam werden, öffnet sich Kya einem neuen Leben - mit dramatischen Folgen.Meinung: "Der Gesang der Flusskrebse" stand schon lange Zeit in meinem Bücherregal. Da ich von den guten Rezensionen wusste, wollte ich mir diesen Roman für einen besonderen Moment aufsparen. So habe ich ihn 2025 im Urlaub gelesen, während mir am Strand der Wind um die Nase wehte, konnte ich ganz in der Geschichte des Marschmädchens versinken.Der Schreibstil der Autorin hat mir sehr gefallen, er las sich flüssig und in jeder Zeile konnte ich die Schönheit der Natur, in der Kya zuhause war, fühlen. Oftmals bescherten alleine diese Beschreibungen mir Gänsehaut.Das Buch beginnt mit dem Auffinden der Leiche von Chase Andrews, dessen Mörder es zu finden gilt. Von Beginn an wird die Protagonistin Kya verdächtigt. Der Roman wechselt zwischen ihrer Biographie und dem Mordfall der Gegenwart.Kyas Kindheit hat mich besonders berührt, von allen verlassen, muss sie sich allein Nahrung erkämpfen und beginnt schon früh, Austern zu sammeln, um Geld einzutreiben. Einen kleinen Minuspunkt gibt es hier von mir, da Kya von ihrer Mutter, danach von ihren Geschwistern, und am Ende auch noch von ihrem alkoholkranken Vater im Stich gelassen wird. Das funktioniert zwar für die Story, aber für mich war es einfach sehr unlogisch, weil die Geschwister sie ja wenigstens hätten mitnehmen können, wenn nicht schon die zerstrittenen Eltern. Da hätte man mehr daraus machen können - und auch die Geschichte, was danach mit ihrer Mutter passierte, hätte für mich mehr Platz haben dürfen.Mir hat es vor allem bei den Kindheitsbeschreibungen das Herz zerrissen. Zitat: -"Ich schätze, ich bin jetzt sieben." Pa erwähnte nichts davon, und einen Kuchen gab es schon gar nicht. Er sagte auch nichts darüber, dass sie nun zur Schule gehen müsste, und sie, die keine genaue Vorstellung davon hatte, traute sich nicht, es anzusprechen. Bestimmt würde Ma zu ihrem Geburtstag zurückkommen, also zog Kya am Morgen nach dem Erntemond ihr Kattunkleid an und behielt den Weg im Auge. ... Als nichts passierte, nahm sie den Topf mit Grieß und ging durch den Wald auf den Strand. ...Eine große Möwe ließ sich neben ihr nieder. "Ich hab heute Geburtstag", sagte Kya zu dem Vogel. Zitat Ende.Über Kyas Leben legen sich immer mehr Schatten - und dennoch steht sie jedes Mal auf und kämpft weiter. Einen einzigen Tag ist sie zur Schule gegangen, seitdem hat sie es immer wieder geschafft, Gesetzeshütern zu entfliehen und sich ein Leben in der Marsch aufzubauen. Sie freundet sich mit Tate an, den sie auch später lieben lernt. Er bringt ihr das Lesen und Schreiben bei, sie ihm die Schönheit der Natur. Kya schafft es als Erwachsene, eine erfolgreiche Autorin zu werden, da sie von klein auf verschiedenste Federn, Steine, Pflanzen und Muscheln gesammelt hat, die sie zeichnet und mit wissenschaftlichen Texten versieht. Sie kommt auch mehrmals mit Chase Andrews in Kontakt und die Beweislage gegen sie hält stand. Sie ist zwar nicht unbedingt erdrückend, weil das meiste nur Indizien sind, und doch fiebert man mit der Protagonistin mit. Ihr Leben steht auf dem Spiel, da ihr die Todesstrafe droht.Das Buch hat an meinen Nerven gezerrt, mich zum Weinen gebracht und einfach nur beeindruckt. Danach habe ich mir auch die Verfilmung dazu angesehen, die sehr gut gelungen ist, an das Buch kommt sie jedoch nicht ran. Das Ende ist berührend, im Mordfall hätte ich mir von Kyas Seite noch mehr Details erhofft und wie die Sache nun tatsächlich stattgefunden hat. Ohne zu erwähnen, wer für den Tod von Chase Andrews verantwortlich war: Die Ermittler konnten die ungefähre Handlung durch Indizien grob zeichnen, und man erfährt zwar, dass es so und so passiert ist - aber wie genau, das behält die Autorin für sich. Hier wäre eine eindeutige Erklärung schön gewesen. So weiß man am Ende, wer es war, ohne jedoch den Ablauf zu wissen.Dennoch ist "Der Gesang der Flusskrebse" ein absolutes Lese-Highlight für mich. Eine zerbrechliche Geschichte, die tief berührt und nach Wind, Wasser und Luft schmeckt. Ich verbinde das Buch mit Freiheit, Naturverbundenheit und Ankommen - vermutlich, weil ich es im Urlaub gelesen und das alles so wahrgenommen habe. Absolute Lese-Empfehlung. Falls jemand ähnliche Bücher kennt, immer her mit den Empfehlungen. 5 von 5 Sternen