Sexismus, ein melancholischer Vampir, der in Selbstmitleid badet, viel zu langgezogene Kapitel und eine problematische Beziehung = Voilà "Biss zur Mitternachtssonne"Ich habe selten ein Buch gelesen, bei dem ich gegen Ende so ausgelaugt war, als wäre ich einen Marathon gelaufen.Cover: Das ist leider das Einzige, dass ich an diesem Buch mag... Handlung: Man kopiere "Biss zum Morgengrauen", packe es in Edwards Sicht und füge noch eine Prise Selbstmitleid hinzu. Leider verkauft es sich ja auch. Charaktere: Das lässt sich schnell abhaken. Der Hauptprotagonist ist unser Edward, ein hotter Vampir, mit "Tiefgang". Sehr sehr selbstkritisch; er findet immer Ausreden für sein Fehlverhalten. Er nimmt wirklich sehr sehr viele belanglose Dinge wahr (sonst wäre das Buch ja nicht so dick) und verknallt sich als 100 jähriger in eine 17-jährige und niemand weiß, warum. Da kommen wir zu der 17-jährigen: Bella. Bella hat praktisch keine Persönlichkeit und sagt praktischerweise zu fast allem "Ja und Amen". Sie wird als intelligent und wunderschön beschrieben - beides konnte ich nicht nachweisen. Und überhaupt ist es sehr wichtig zu wissen, dass sie "ander als andere Mädchen" ist. Fangen wir an:Ich lehne mich mal nicht allzu allzu aus dem Fenster und sage, dass es eine absolute Zeitverschwendung ist, dieses Buch zu lesen. Die Handlung ist fast identisch mit der des ersten Buches und die Kapitel sind viel zu lang. Ich finde es bewundernswert, wie die Autorin jede Situation ausschöpft, weil man ja nie genug unnötige Informationen haben kann. Ganz ehrlich, ich habe mich an so vielen Stellen so unglaublich gelangweilt. - Und hätte ich nicht den wirklichen Zwang, Bücher zu beenden, hätte ich mir das nach Seite 100 nicht mehr angetan. Das wäre wahrscheinlich besser so gewesen.Der einzige Zusatz/Unterschied zum ersten Teil besteht darin, dass wir uns jetzt Edwards ganze Ausreden anhören dürfen, warum er denn die Dinge tut, die er tut. Ganz gleich, wie gruselig sie sind.Im folgenden werde ich mich genau diesen gruseligen Dingen sowie anderen problematischen Gegebenheiten widmen, die einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen haben. Dafür habe ich einige Textstellen rausgesucht, wobei es dort wichtig zu erwähnen ist, dass ich die Taschenbuchausgabe besitze. Dann mal los: Zum Beispiel für das Stalken im Schlaf (was nebenbei bemerkt, absolut gruselig ist), hat er folgende Ausrede:S. 207: "Dann ging ich - wohl wissend, dass ich zurückkommen würde, sobald sie schlief, allen moralischen Einwänden gegen mein Verhalten zum Trotz. Doch natürlich würde ich niemals wie ein dahergelaufender Spanner in ihre Privatsphäre eindringen. Ich war nur zu ihrem Schutz hier, nicht um sie geifernd zu betrachten, wie Mike Newton es tun würde, wenn er sportlich genug wäre, um in den Bäumen herumzuklettern" Es tut mir ja leid für Edward, dass jemanden beim Schlafen zuzusehen, ohne dessen Wissen, definitiv ein Eindringen in dessen Privatsphäre ist. Er redet es mit seiner Ausrede von wegen "Ich muss sie schützen" schön, aber letztendlich wäre das immer noch Bellas Entscheidung. - Ja, ich weiß, dass sie leider nicht so zurechnungsfähig ist, aber trotzdem. Und überhaupt: Schützen wovor?Absolut cool finde ich da auch Bellas Reaktion aufS. 506, als sie erfährt, da Edward (ein Vampir!!!) sie im Schlaf stalkt. Sie sagt dazu nämlich gar nichts, sondern will nur wissen, was sie gesagt hat. Schön, dass sie damit OK ist. Ein tolles Zeichen für Teenager, wie sie so ein Verhalten deuten sollen.(Immerhin checkt Edward auf S. 507, dass sein Verhalten nicht richtig ist, aber unterlassen hat er es ja trotzdem nicht) Später auf den Seiten214/215verfolgt er sie sogar und klar er kann sie dann von diesen gruseligen Typen retten. Aber wir sollten nicht außer Acht lassen, dass sie zu stalken genauso falsch ist, wie dass was diese Typen machen. No front, aber deinen Love interest zu stalken ist NICHT (UND AUCH NIEMALS) süß. Auch einen bitteren Nachgeschmack hinterließ das Gespräch auf S. 489:Bella: "Verrätst du mir eigentlich irgendwann, wie alt du bist?"Edward: "Spielt das eine Rolle?"Ähm, ja? Das spielt eine Rolle. Tut mir leid, aber Liebe kennt definitiv ein Alter. Besonders, wenn ein mindestens 100 Jahre alter Vampir was mit einer 17-jährigen anfangen möchte. Was mich auch zu der Frage führt, warum er denn - mit seiner Lebenserfahrung - so viel Interesse an einem jungen Mädchen ohne Persönlichkeit hat. Wenn ich so drüber nachdenke, gefällt mir keine der Antwortmöglichkeiten. Irgendwie fand ich es auch sehr merkwürdig, dass sie aufS. 530schon nach zwei Tagen Beziehung übers Heiraten nachdenken... Heiraten, schön und gut, wer will. Aber Bella kennt Edward noch gar nicht richtig. Sie kennt ihn nicht lange genug, um wirklich zu wissen, was da eigentlich abgeht. Sie scheint auch gar nicht einschätzen zu können, was es bedeutet, einen Vampir zu heiraten (Vampire trinken immer noch Menschenblut). Heiraten sollte man sich sehr gut überlegen, aber dass legt dieses Buch nicht nahe. Sein ganzes merkwürdiges Verhalten wird mit seinem unglaublichen Verlangen/Liebe zu ihr relativiert, aber was ist das für eine Liebe, wenn ihre Meinung, wenn ihre Grenzen nicht zählen? Was ist das für eine Liebe, wenn er sich nicht "kontrollieren" kann? Ein wichtiges Gedankenspiel dabei, erachte ich als das folgende: Angenommen, Edward wäre nicht der glitzendere sexy Vampir, der ewig jung bleibt. Wäre seine Handlungen immer noch süß/heiß/liebevoll oder doch eher gruselig? Und wenn wir es mal etwas expliziter machen: Wäre die ganze Situation noch süß, wenn das nicht Edward, sondern Hannibal Lecter (er isst Menschen; die beiden sind sich nicht soo unähnlich) wäre? - Nein, ich glaube eher nicht. In diesem Fall wäre Twilight oder auch dieses Buch ein Horrorroman.Aber ist es gerechtfertigt, schönen Menschen gruselige Dinge zu vergeben? - Nein, auch nicht.Wie gut jemand aussieht sollte egal sein, wenn es um Fehlverhalten geht. Aber jetzt kommen wir zudem, was mich am allermeisten aufgeregt hat. Am allerschlimmsten und beschämensten finde ich Textstellen, wie den folgenden wirklich unnötigen Abschnitt (den ich gleich zitieren werde), der einfach nur zeigt, wie Meyer andere Frauen abwertet, nur weil sie stereotypisch feminine Dinge machen, wie z.B. (darum geht es auch in meinem nachfolgenden Textbeleg) sich schminken. Also, Stichwort: Verinnerlichte Misogynie. Mein Textbeleg, S. 169"Mit geschlossenen Augen hielt sie das Gesicht in den Nieselregen, ein leichtes Lächeln um die Lippen. Was denkst sie jetzt? Etwas an ihrer Haltung irritierte mich, und im nächsten Moment begriff ich, was es war. Normale Mädchen hielten das Gesicht nicht in den Regen; normale Mädchen waren für gewöhnlich geschminkt, sogar hier, in dieser regnerischen Stadt. Bella schminkte sich nie, und das hatte sie auch nicht nötig. Die Kosmetikindustrie verdiente Milliarden Dollar pro Jahr an Frauen, die so eine Haut haben wollte wie sie" Nur weil manche Frauen sich schminken, sind sie nicht gleich oberflächlich, langweilig oder wie auch immer. Und Bella ist nicht besser, nur weil sie es nicht tut (auch, wenn das suggeriert wird). Es ist von beiden Parteien die freie Entscheidung.Natürlich ist die Kosmetikindustrie alles andere als umweltfreundlich, das will ich ganz gewiss nicht leugnen. Dennoch geht es mir so dermaßen auf den Keks, dass gefühlt alles, was Frauen tun, verurteilt und schlecht gemacht wird. - Abgesehen davon, dass die Cullens mit ihren x Autos, Häusern und Reisen absolut nicht umweltfreundlicher sind und es Edward gut tun würde, sich zuerst mal an die eigene Nase zu fassen....Die Autorin sollte sich schämen, in diesem Buch mit ihrem interalisierten Sexismus anzutanzen, während sie ein Vorbild für Million von Menschen ist. Über all im Buch gibt es Kommentare à la "Bella ist so anders als andere Mädchen" und das ist zum Kotzen. Dieser Satz enthält eine indirekte Abwertung von anderen Frauen. Edward ist in Bella verliebt, er findet sie also besser als andere Frauen. Und dadurch, dass sie ja so "anders" ist, wird suggeriert, dass andere Frauen schlecht sind. Im Ernst, muss das denn wirklich sein? Fazit: Ich will gar nicht nach positiven Aspekten suchen, das dauert zu lange. Ich finde das Buch sehr beschämend und langatmig und im Ernst, es lohnt sich wirklich nicht, das zu lesen.